Das hatte sich die junge Architektin Bea (Clara Lago) irgendwie etwas anders vorgestellt. Erst betrügt sie ihr Freund Victor (Fernando Guallar) mit einer anderen, dann verliert sie ihren Job. Also heißt es erst einmal heim zu ihrer Familie, die nach wie vor in einem kleinen Dorf lebt, und sich ein bisschen bemuttern lassen. Doch das ist alles leichter gesagt denn getan, denn irgendwie hat hier jeder so seine Sorgen. Immerhin, dabei macht sie auch die Begegnung des charmanten Diego (Álex García), der sie ein klein wenig ihren Liebeskummer vergessen lässt. Dabei muss sie aber feststellen, dass sich die Vergangenheit nicht so einfach abschütteln lässt …
Liebe kann schon etwas richtig Schönes sein. Und etwas verdammt Doofes. Da denkt man im einen Moment noch, man hätte gerade eine Liebeserklärung gesehen, deren Charme gerade darin liegt, so völlig unromantisch zu sein, und dann das: Nix ist. Aber um Liebe geht es in dem Netflix-Film Leute kommen und gehen ohnehin nur am Rand. Wenn Bea gleich zu Beginn von der siebten Wolke in den Abgrund plumpst, dann ist das in erster Linie ein Anlass, um uns ihre verschrobene Familie vorzustellen.
Was mach ich ohne Mann?
Dort hinzufahren, stellt sich dann auch als gute Entscheidung heraus. Nicht nur für Bea, die nach Verlust von Freund und Arbeit irgendwie gar nichts mehr im Leben hat. Auch das Publikum profitiert davon, schließlich sind die anderen Familienmitglieder deutlich interessanter als die eigentliche Hauptfigur. Während die sich in erster Linie durch ihr Verhältnis – oder auch Nicht-Verhältnis – zu den Männern definiert, Clara Lago (8 Namen für die Liebe) immer etwas unbeteiligt herumsteht, dürfen die anderen auch mal Kante zeigen. Oder eigenartige Marotten. Zumindest manchmal, wenn es gerade in den Kram passt.
Tatsächlich hat man zuweilen den Eindruck, dass die Adaption von Carlos Monteros Roman keine richtige Geschichte vor den Augen hat. Dann und wann nähert sich Leute kommen und gehen anderen Familien-Ensemble-Komödien an, beispielsweise Zuhause ist es am Schönsten. Nur ist das hier nicht annähernd so spannend oder wenigstens interessant wie beim italienischen Kollegen. Ein Grund dafür: Vieles von dem, was angeschnitten wird, wird nur halbherzig erzählt. Wenn wir gleich zu Beginn erfahren, dass Beas Mutter eine ganz besondere Gabe hat, sollte man doch meinen, dass diese später eine Rolle spielt. Tut sie nicht.
Wenn Skurrilität zu Standard wird
Allgemein gehen die Eigenheiten des Films viel zu schnell verloren. Was eine charmant-skurrile Familienkomödie hätte sein können, verirrt sich dann doch in den üblichen Standards und Klischees, die ein solcher Titel haben kann. Leute kommen und gehen tut zwar zum Schluss, als hätte er Bea und damit dem Publikum ein wenig Lebensweisheit mit auf den Weg zu geben, mit ein bisschen erpresster Emotionalität. Dafür haben aber weder die Aussage noch das Drumherum genug Persönlichkeit.
Es ist nicht einmal so, als wäre Leute kommen und gehen übermäßig witzig. Die Musik impliziert das zwar des Öfteren, selbst in Szenen, die eigentlich dramatisch sind. Das bedeutet aber nicht, dass man deswegen auch lachen muss. Anlass dazu gibt es hier recht wenig, ebenso wenig zum Weinen – was man erst einmal schaffen muss bei den vielen tragischen Vorkommnissen. Das ist dann alles nicht wirklich schlecht. Aber eben auch nicht gut. Vielmehr hat die sonst eher auf Serien spezialisierte Regisseurin Patricia Font einen Film abgeliefert, der so durchschnittlich ist, dass man im Anschluss gar nicht so genau sagen kann, ob man ihn nun schon gesehen hat oder nicht.
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