Im Moment hat Darek (Tomás Dalecký) nicht wirklich was zu lachen. So macht ihm nach wie vor der Tod seiner Mutter schwer zu schaffen. Außerdem hat sein Vater (Stanislav Majer) seine Arbeit verloren, und anschließend seinen Lebensmut. Also liegt es an Darek, sich um alles zu kümmern, vor allem seine kleine Schwester Ema (Hana Bartoňová) braucht aufgrund ihrer geistigen Behinderung viel Aufmerksamkeit. Doch dann tauchen zwei Menschen auf, die alles verändern werden. Uli (Steffen Groth), ein alter Freund seines Vaters. Und Hanna (Emilie Neumeister), die so gut nach Orangen duftet.
Zuletzt gab es im Kino keinen wirklichen Mangel an Pferdefilmen. Jedes Jahr dürfen wir ein paar auf der großen Leinwand begrüßen. 2019 etwa gab es mit Ostwind – Aris Ankunft und dem Remake Immenhof – Das Abenteuer eines Sommers gleich zwei größere Namen, die um die Aufmerksamkeit des Publikums buhlten. In punkto Bekanntheitsgrad kann es Orangentage damit sicher nicht aufnehmen. Zwar gibt es auch hier eine Vorlage – der gleichnamige Jugendroman von Iva Procházková, die auch das Drehbuch geschrieben hat. Die erhielt jedoch eher wohlwollende Kritiken, anstatt die Bestsellerlisten zu stürmen.
Wo sind die Pferde?
Ohnehin, so ganz vergleichbar ist Orangentage nicht mit dem, was die Kollegen so tun. Zunächst einmal steht hier keine Jugendliche im Mittelpunkt, mit dem sich das junge, weibliche Zielpublikum von Pferdegeschichten identifizieren könnte. Darek ist es, um den sich alles dreht. Und auch die Pferde sind, so wie eben Hanna, nur ein Punkt von vielen, die das Leben des Teenagers gerade bestimmen. Wo andere mit den Vierbeinern große Abenteuer erleben, da sind sie hier mehr Hintergrund. Sie sind auch nicht die starken Energiebündel, die durch die Welt stürmen und erst noch von einer ganz besonderen Jugendlichen gebändigt werden müssen. Die Pferde hier sind eher schwach, schutzbedürftig, ein bisschen wie Ema.
Auch um sie wird sich Darek kümmern müssen. So wie vieles an ihm hängen bleibt, was eigentlich nicht dorthin gehört: Procházková erzählt die Geschichte eines jungen Menschen, der früh schon die Schwelle vom Kind zum Erwachsenen überschreiten muss, ohne das zu wollen, ohne dass ihm jemand nennenswert zur Seite steht. Solche Filme über Jugendliche, die über sich hinauswachsen müssen, verkommen schnell zur Heldenverklärung. Orangentage ist da wohltuend anders. Wenn Darek sich mit Mitschülern prügelt oder andere Leute beschimpft, dann hat das eher weniger Vorbildcharakter.
Da wäre auch weniger möglich
Wobei die vielen Probleme, die der Film für seinen jungen unfreiwilligen Helden bereithält, vielleicht doch etwas viel sind. Viel für ihn, viel vor allem auch für eine Geschichte, die eigentlich vom Alltag erzählen will. So bringt der Dauerstreit mit dem Mitschüler irgendwie relativ wenig, die geistige Beeinträchtigung von Dareks Schwester hat allein Symbolcharakter, auch die späte Wendung hätte es nicht unbedingt gebraucht – wobei sie immerhin darauf vorbereitet, dass das Leben oft hässlicher ist als das Bild, das wir davon haben. Auch eine Erkenntnis, die das Erwachsenendasein so mit sich bringen kann.
Dafür gibt es schöne Bilder aus dem deutsch-tschechisch-polnischen Länderdreieck, die man eher selten in Filmen sieht. Ein paar ungewöhnlichere Elemente wie die Traumsequenzen mit der Mutter sowie eine Musik, die manchmal eher nach Western als nach Familienfilm klingt, tragen ebenfalls dazu bei, dass die Orangentage im Garten der Pferdefilme hervorsticht. Dafür ist die Synchronisation weniger glücklich und trägt an den falschen Stellen zur Distanz bei, zu einer Künstlichkeit, die im Widerspruch zu der naturbelassenen Gegend und den leisen Zwischentönen steht.
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