So richtig viel Kontakt hat Alma (Sara Luna Zoric) ja nicht zu ihrem Vater, was auch damit zusammenhängen könnte, dass er in Bosnien lebt, sie mit ihrer Mutter in den Niederlanden. Es fehlt ihr auch ein bisschen der Bezug zu ihren Wurzeln. Aber was nicht ist, das kann ja noch werden. Zumal er gerade im Krankenhaus ist. Also nichts wie los, wenn nicht jetzt, wann dann? Ihr Cousin Emir (Ernad Prnjavorac), der sie aufnehmen sollte, ist nicht ganz so begeistert von ihrer Ankunft. Aber zum Glück ist da auch noch dessen Freund Denis (Lazar Dragojevic), der bereit ist, sich ihrer anzunehmen.
Take Me Somewhere Nice, das hört sich doch irgendwie nett an. Wenn wir dann auch noch schöne Bilder zu Gesicht bekommen von der bosnischen Natur, ein bisschen Strand und Meer, eine bonbonfarbene Anmutung, dann steht einem gemütlichen Urlaub eigentlich nichts mehr im Wege. Außer Ena Sendijarevic natürlich. Denn die Regisseurin und Drehbuchautorin hat bei ihrem Langfilmdebüt ganz offensichtlich andere Pläne gehabt.
Der doppelte Unterschied
Welche das sind, das ist nicht immer ganz klar. Teilweise ist die Geschichte um eine Jugendliche, die zwischen Kindheit und Erwachsenenalter steht, natürlich klassisches Coming-of-Age-Material. Hinzu kommt, dass Alma auch zwischen zwei Kulturen steht: der ihrer Eltern und der ihres Heimatlandes, in dem sie aufgewachsen ist, das letztendlich alles ist, was sie wirklich kennt. Gleich zwei solcher Konflikte, das schreit doch danach, dass hier jemand nach seiner Identität und einem Platz im Leben sucht.
Gewissermaßen tut sie das auch. Nur dass Take Me Somewhere Nice dann doch etwas zu skurril ist, zu eigenwillig, um eine eindeutige Aussage bei dieser Suche zu treffen. Oder etwas Definitives zu finden. Das hängt viel mit den Bildern zusammen, die nicht nur bei der Farbgebung nicht ganz von dieser Welt zu sein scheinen. Auch der Inhalt nimmt immer mal wieder unerwartete Abzweigungen, die der Rundreise etwas Surreales verleihen. Selbst wenn der Film düstere Themen anschneidet, die wie gemacht sind für Sozialdramen, bleibt immer etwas Verspieltes, Unwirkliches.
Die unbestimmte Suche
Und auch trotzig. Take Me Somewhere Nice, das auf dem International Film Festival Rotterdam 2019 Premiere feierte, versteckt sich nicht vor den Problemen dieser Welt. Das junge Trio, das im Mittelpunkt eines abwechslungsreichen Nichtereignisses steht, schwimmt zwischen alten Wahrheiten und neuen Herausforderungen, zwischen Sehnsucht, Träumen und manchmal auch etwas Unlust. Weiß letztendlich selbst nicht so recht, was es mit dem Ganzen anfangen soll. Weiß aber, dass es etwas will.
Manchmal ist das komisch, gerade auch durch die unerwarteten Elemente. Eine Culture-Clash-Komödie ist dennoch nicht draus geworden, Sendijarevic verzichtete darauf, einen Crowdpleaser als Debüt drehen zu wollen. Drama wird das Genre genannt, von Leuten, die es wissen sollen, die es wissen wollen, hätte aber genauso gut auch Roadmovie sein können. Oder eben nichts. Take Me Somewhere Nice mag am Ende nicht das gefunden haben, was wir oder Alma wollten, ein spannender Ausflug in eine ungewisse Zukunft ist aber auch nicht schlecht.
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