Für Abby (Amy Poehler) ist das natürlich eine Katastrophe, als sie ihren Job verliert. Ausgerechnet sie, die es gewohnt ist, immer alles völlig unter Kontrolle zu haben. Andererseits gibt ihr das die Möglichkeit, ein anderes Projekt zu organisieren: ein gemeinsames Wochenende mit ihren besten Freundinnen, um den 50. Geburtstag von Rebecca (Rachel Dratch) zu feiern! Naomi (Maya Rudolph), Catherine (Ana Gasteyer), Val (Paula Pell) und Jenny (Emily Spivey) sind dann auch mit von der Partie, dem großen Spaß kann eigentlich nichts mehr im Wege stehen. Außer ihnen selbst, wie sie bald feststellen müssen.
Frauen dürfen genauso ihren Spaß haben wie Männer. Es hat zwar eine Weile gedauert, bis sich diese an und für sich naheliegende Erkenntnis durchgesetzt hat. Zumindest filmisch dürfen wir inzwischen aber regelmäßig daran teilhaben, wenn auch das schwache Geschlecht um die Häuser zieht, hemmungslos feiert und sich dabei zuweilen mal richtig zum Affen macht. Dass sich hiermit Geld verdienen lässt, das ist natürlich auch Netflix nicht verborgen geblieben. Ob nun Ibiza oder kürzlich Someone Great, da haben sich bereits einige weibliche Trips ins Angebot geschmuggelt.
Für Party ist man nie zu jung
Neuester Zugang ist Wine Country, in dem gleich sechs Freundinnen von der Leine gelassen werden. Zwei Punkte sind es dabei, die diesen Film von den obigen unterscheiden. Zunächst einmal sind die Protagonistinnen deutlich älter. 50. Geburtstage? Das findet man in einem von Frauen handelnden Titel dann doch eher selten. Natürlich haben Filmemacher zuletzt des Öfteren auch eine ältere Zielgruppe für sich entdeckt. Die wird schließlich immer größer und ist immer weniger gewillt, es sich auf dem Schaukelstuhl gemütlich zu machen. Trotzdem ist es zumindest auf der Leinwand oder dem Bildschirm alles andere als selbstverständlich, dass nicht mehr ganz junge Frauen Partie machen dürfen – was diesem Trip ein paar Sympathiepunkte einbringt.
Dass sie es hier dürfen, hängt mit dem zweiten Punkt zusammen, der die Komödie aus der Masse herausragen lässt: Wine Country wurde fast komplett von Frauen konzipiert und umgesetzt. Und nicht von irgendwelchen Frauen, sondern einigen Veteraninnen der legendären Sketch Show Saturday Night Live. Amy Poehler (Matrjoschka) übernahm nicht nur eine der Hauptrollen, sondern gibt hier ihr Debüt als Regisseurin. Das Drehbuch wiederum stammt von Emily Spivey und Liz Cackowski, die selbst auch Rollen übernehmen. Und ohnehin, in dem Film treten fast ausschließlich erfahrene Komödiantinnen auf, lediglich Jason Schwartzman darf in einer Nebenrolle als Junge für alles kurze männliche Akzente setzen.
Ist das alles?
Ein derart geballter Zusammenschluss weiblicher Comedy-Prominenz weckt natürlich Erwartungen. Erwartungen, die Wine Country aber nur zum Teil erfüllt. Dass beispielsweise fast nur Frauen mitspielen, hat auf die Geschichte keinen Einfluss. Oder die Gags. Das meiste, was hier geschieht, wäre ohne weiteres auch in einer männlichen Variante möglich gewesen. Das muss man nicht zwangsweise als Makel ansehen, etwas schade ist es aber schon. Vor allem weil dem Film auch sonst inhaltlich und im Bereich der Gags eine wirkliche Identität fehlt. Stattdessen gibt es hier mal wieder von allem ein bisschen, zusammengeworfen auf eine nicht sonderlich inspirierte Weise.
Auffallend ist allenfalls der starke Hang zur Nostalgie. Das ist einerseits sicherlich nachvollziehbar, runde Geburtstage laden immer etwas dazu ein. Derart stark und ausführlich wie hier wird aber nur selten in Erinnerungen geschwelgt – sei es bei den Liedern oder einer kuriosen Sitcom-Referenz. Der Rest von Wine Country ist kaum erwähnenswert. Die Gags sind nur zweckmäßig, die Darstellungen oft Variationen bekannter Figuren. Es mangelt an Biss, an Schärfe, an irgendetwas, das dem zu träge herumstolpernden Film mal ein bisschen Halt geben könnte. Und auch Entwicklungen sind nicht gerade eine Stärke der Komödie: Zwar werden, auch unter dem Einfluss des Alkohols, alte Geschichte und neue Geheimnisse ausgepackt. Das allein reicht aber nicht aus, um die beabsichtigte Emotionalität zu erlangen, mal ein bisschen Spannung ins Spiel zu bringen. Von einem wirklichen Rausch ist das hier weit entfernt, die Geschichte um sechs Freundinnen ist eher ein etwas schaler Wein, der seinen Zweck erfüllt, mehr aber auch nicht.
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