Britt-Marie (Pernilla August) ist jemand, der Ordnung zu schätzen weiß, in ihrem Leben hat alles einen festen Platz. Zumindest war das bis vor Kurzem so. Doch dann muss sie feststellen, dass ihr Ehemann Kent (Peter Haber) schon seit Längerem eine Affäre hat. Das geht natürlich nicht. Aber was ist die Alternative? Die 63-Jährige war jahrzehntelang Hausfrau, keine besonders gute Situation bei der Jobsuche. Und so nimmt sie das erstbeste, das ihr angeboten wird: Betreuerin einer Jugendgruppe und Fußballtrainerin. Einfach ist das nicht, schließlich hat mit beidem keinerlei Erfahrung, was auch die Kids sehr schnell merken. Immerhin, der aufmerksame Polizist Sven (Anders Mossling) steht ihr hilfreich zur Seite und weckt längst vergessene Gefühle in ihr.
Filme aus Skandinavien müssen von Natur aus düster sein, so erschien es eine ganze Weile. Ob wir nun dreckige Familiengeheimnisse ausgraben oder mit verkorksten Ermittlern Serienmörder jagen, die Filme luden immer dazu ein, den Glauben an die Menschheit zu verlieren. Dabei haben auch die Nordlichter Humor, der mal ein bisschen schwärzer, mal auch ziemlich skurril sein darf. Jonas Jonasson (Der Hundertjährige, der aus dem Fenster stieg und verschwand) dürfte der bekannteste Vertreter sein. Aber auch die Romane von Fredrik Backman (Ein Mann namens Ove) erfreuen sich international großer Beliebtheit.
Der skurrile Alltag
Das Erfolgsrezept: alte Protagonisten und Protagonistinnen und Geschichten, die sich einerseits nahe am Leben orientieren, dem Ganzen aber auch absurde Seiten entlocken. Dass es manchmal ganz anders kommt als gedacht, das kennen wir alle. Auch das Ende von langjährigen Beziehungen ist nicht unbedingt eine Seltenheit. Da heißt es nur weitermachen. „Ein Schritt nach dem anderen“, sagt Britt-Marie, die sich selbst von den größten Turbulenzen – und davon gibt es einige in Britt-Marie war hier – nicht aus der Ruhe bringen lässt. Hilft ja auch nix.
Das ist eine der Stärken des Films: Die stoische Weise, mit der die ältere Dame dem ganzen Blödsinn begegnet – von der peinlichen Affäre ihres Mannes bis zu den diversen Fußballszenen –, das alleine ist schon lustig. Und natürlich gibt es auch einen größeren Kontrast zwischen der ordnungsliebenden Seniorin und den wild umhertollenden Kindern, oft mit Migrationshintergrund. Wenn die fein säuberliche Art von Britt-Marie auf den schmutzigen Sport trifft, sie mit derselben Akribie und Planung an ihren Trainerjob zu gehen versucht, ohne letztendlich Ahnung davon zu haben, dann trägt das eine ganze Reihe von Szenen.
Neuanfang auf alten Wegen
Es trägt jedoch keinen kompletten Film. Ist erst einmal das originelle Szenario etabliert und die ungewohnte Gegenüberstellung ausgekostet, geht es nicht allzu spannend weiter. Dass Britt-Marie irgendwann auch diese neue Aufgabe meistern wird, das versteht sich von selbst. Die Annäherung an die Jungs und Mädels, die anfangs für die Oma nur Spott übrig haben, auch die ist bereits eingeplant, noch bevor das erste Wort fällt. Britt-Marie war hier wird damit nach und nach zu einer bloßen Feel-Good-Komödie reduziert, die ein bisschen rührt, ein bisschen zum Lachen bringt, ein bisschen anregen soll, ohne sich an einer der Fronten zu weit aus der Deckung zu wagen.
Aber es ist trotz allem sympathisch, was hier so geschieht. Einen Neuanfang jenseits der 60? Das muss man erst einmal hinbekommen, Britt-Marie war hier ermuntert dazu, dass man nie zu alt dafür ist, um seinem Leben noch einen neuen Schwung zu verleihen. Hinzu kommt, dass die Titelheldin – anders in vielen vergleichbaren Filmen – dafür keine männliche Hilfe braucht. Auch wenn sich ein besonders nettes Exemplar anbietet, ihre neue Einsamkeit zu beheben, letzten Endes kann sie das auch ganz alleine. Selbstverständlich ist das nicht und es ist schön, wie sich der Film hier treu bleibt bei seiner Aussage, dass jeder seinem Leben einen Sinn geben kann. Es braucht nur vielleicht einen kleinen Schubs.
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