Der Schock ist groß für Micha (Christoph Bach) und Natalie (Alwara Höfels): Ihre achtjährige Tochter Jana (Maggie Valentina Salomon) ist schwer krank, ohne ein neues Herz sind ihre Überlebenschancen gering. Doch woher nehmen? Obwohl sie bereits ganz oben auf der Liste steht, will sich einfach kein passendes Organ finden. Da erfährt Micha, dass es andere Wege gibt, ein Herz für Jana aufzutreiben. Doch das Risiko ist groß: Nicht nur, dass die Kosten enorm sind und keiner sagen kann, ob das Ganze am Ende erfolgreich ist. Die Sache wäre auch noch illegal, könnte im schlimmsten Fall einige Jahre Gefängnis bedeuten.
Aktuell ist das Thema Organspende zweifelsfrei, und das sogar in zweifacher Hinsicht. Kurz nach dem Tag der Organspende, der seit 1983 jeden ersten Samstag im Juni stattfindet, einen Film darüber ins Kino zu bringen, dürfte von der Aufmerksamkeit des Aktionstages profitieren. Außerdem ist das Thema nach wie vor relevant. Viele Menschen warten hierzulande auf passende Organe. Dem großen Bedarf steht aber eine recht kleine Anzahl an willigen Spendern gegenüber. Nur wenige wollen sich mit der Sache auseinandersetzen, die Vorstellung, dass einem Teile des Körpers entnommen werden, die ist vielen dann doch zu unheimlich, um auch nur darüber nachzudenken.
Ein Akt der Verzweiflung
Daran etwas zu ändern, war das offensichtliche Ziel von Steffen Weinert (Finn und der Weg zum Himmel). Der deutsche Regisseur und Drehbuchautor wählt dafür einen Weg, der effektiv, wenn auch unverhohlen manipulativ ist. Ob er sich vorstellen könne, was es heißt, das eigene Kind zu verlieren, fragt Micha an einer Stelle einen alten Bekannten, der ihm das notwendige Geld vorenthält. Zu dem Zeitpunkt ist der Familienvater schon deutlich verzweifelter als zu Beginn, das ständige Warten hat ihn sichtlich zermürbt. Und wer verzweifelt ist, der tut auch, was er nicht tun sollte.
Aber wer will es ihm schon verdenken? Sein Kind sterben zu lassen, ohne dabei tätig zu werden, das ist unzumutbar. Indem Weinert das Wort-Case-Szenario für Eltern aufzeigt, ist ihm die Aufmerksamkeit sicher, ebenso das Mitgefühl. Selbst wenn sich der Familienvater nicht immer vorbildlich verhält – vor allem die gelegentliche Bevormundung ist schon sehr fragwürdig –, kaum einer im Publikum würde ihm das wohl ernsthaft vorwerfen. Wer in einer solchen Ausnahmesituation steckt, der bekommt ein bisschen mehr Spielraum bei der Frage, was geht und was nicht.
Was würdest du tun?
Das ist dann auch der spannendste Aspekt von Das Leben meiner Tochter: Hier darf jeder einmal darüber nachdenken, wie er sich wohl selbst in der Situation verhalten würde. Gesetzliche Bestimmungen und persönliches Rechtsbewusstsein klaffen nun mal ein wenig auseinander, wenn es um das Überleben geht. Der Film weist zwar auf, dass es falsch ist, sich an die Organhändler zu wenden, begegnet Micha aber mit Einfühlungsvermögen und Verständnis. Die Folgen seines Handelns werden aufgezeigt, ohne ihn deswegen gleich zu verurteilen. Manchmal gibt es eben Situationen, in denen man nur verlieren kann, egal wofür man sich entscheidet – was die Diskussion umso wichtiger macht.
Dafür beraubt sich Das Leben meiner Tochter an anderen Stellen seiner Ambivalenz. In dem unbedingten Willen, die Message unter das Volk zu bringen, wird dann gern mal ein wenig aus dem Lehrbuch vorgelesen, auf wenig subtile Weise Punkte eingebaut. Vor allem bei der Figurenzeichnung und den Dialogen verschreckt das Drama durch eine Künstlichkeit und Zweckmäßigkeit. Micha und Natalie werden ausschließlich durch ihre unterschiedlichen Haltungen zur Organspende charakterisiert. Jana wiederum irritiert durch ihre so gar nicht kindliche Art, wenn sie eins wird mit Kalendersprüchen. Von den Nebenfiguren ganz zu schweigen, bei denen die Funktionen eine Persönlichkeit ersetzt. Dass das Ganze deutlich lebensnäher und menschlicher geht, zeigte Die Lebenden reparieren, das über den löblichen Willen hinaus auch noch etwas zu den Betroffenen selbst zu sagen hatte.
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