Der neue Riesenkomplex Edge of Ocean hätte eigentlich der ganze Stolz Tokios sein sollen. Stattdessen wurde er zu einem Ort des Schreckens: Eine enorme Explosion erschüttert das Gebäude und kostet zahlreiche Leben. Ein Verdächtiger ist schnell gefunden, Privatdetektiv Kogorō Mōri. Schließlich waren seine Fingerabdrücke am Tatort. Conan glaubt natürlich kein Wort davon, dafür kennt er den Beschuldigten viel zu gut – ist ja auch der Vater seiner Freundin Ran. Also macht er sich auf die Suche nach Hinweisen, die ihm den wahren Täter verraten können. Doch die Zeit drängt, denn alles spricht dafür, dass es mit dieser Explosion noch nicht getan ist …
Jedes Jahr im April gibt es in Japan zwei Großereignisse: die Kirschblüten und ein neuer Film mit Detektiv Conan. 22 sind es mittlerweile an der Zahl, was die Anime-Reihe nicht nur zu einer der langlebigsten macht. Sie ist auch eine der erfolgreichsten: Jedes Jahr spielt der neueste Teil ein bisschen mehr ein als der Vorgänger, Zero der Vollstrecker ist schon bei 80 Millionen Dollar angekommen. Das ist auch deshalb erstaunlich, weil es nicht gerade einen Mangel an Geschichten mit den Detektiv gibt. Der zugrundeliegende Manga von Gosho Aoyama bringt es seit den Anfängen 1994 bereits auf 96 Bände, der der zwei Jahre später gestarteten Anime-Serie schlagen derweil über 900 Folgen zu Buche. Und ein Ende ist nirgends in Sicht.
Ein großes Wiedersehen
Das ist natürlich jede Menge Stoff, den es für Nachzügler aufzuholen gibt. Doch auch Quereinsteiger können bei der Filmreihe einschalten, zumal ohnehin nicht alle Folgen auf Deutsch vorliegen. Da heißt es Mut zur Lücke. Bei der Geschichte gibt es da normalerweise auch keine Probleme, die meisten Fälle stehen für sich. Schwieriger sind da schon die zahlreichen Figuren, die im Laufe der letzten beiden Jahrzehnte hinzugekommen sind. Wer vor Zero der Vollstrecker noch nichts von Conan gesehen hat, wird sich nicht nur über das Grundszenario wundern, dass ein Kind die Arbeit von Polizisten erfüllen muss, sondern auch über die ganzen Charaktere, die im Umfeld des Jungen mitmischen, mal harmlose Mitläufer sind, mal selbst Teil der Ermittlung.
Wobei die größte Verwirrung für Neulinge gar nicht mal der Fall an sich ist, sondern die gelegentlichen Rätsel, die auf japanischen Doppeldeutigkeiten basieren. So auch hier, wenn ein Rätsel zwar mit Mühe und Not in Deutsche übertragen wird, für Nicht-Kundige des Japanischen dennoch wenig Sinn ergibt. Aber an die Ermittlungen sollte man – auch das ist Tradition bei Conan – nicht so wahnsinnig hohen Wert legen. Vieles, was hier geschieht, ist schon sehr willkürlich oder abhängig von Zufälligkeiten. Wo man bei klassischen Whodunnits noch kräftig miträtseln kann, wer denn nun hinter allem steckt, sind die Hinweise hier zu spärlich. Stattdessen wird am Ende ein Täter bzw. einen Täterin aus dem Zylinder gezogen, mit dem man sich dann abfinden muss. Friss oder stirb.
Mehr Action als Ermittlung
Dieses Mal ist die Motivation auch mal wieder etwas kurioser ausgefallen, für einen sonderlichen Realitätssinn war Detektiv Conan nie bekannt. Dafür darf es dann aber kräftig krachen. Zero der Vollstrecker ist wieder einer der thrillerlastigeren Teile, wenn mal wieder ganz große Gefahr droht, die nur von Conan noch aufgehalten werden kann. Das ist dann gern mal etwas over the top, hinzu kommt, dass man ohnehin weiß, dass alles gut ausgeht. Für den Spannungsfaktor ist die Formelhaftigkeit nicht allzu hilfreich. Andererseits liegt darin auch der Charme der Reihe, wie sie beständig freiwilligen mit unfreiwilligem Humor mixt, sich selbst mal auf den Arm nimmt und doch alles ganz ernst meint. Spaß macht der Film daher, auch wenn er nicht unbedingt zu den besseren Teilen gehört, da hatten andere inhaltlich doch mehr bieten, sei es auf den Fall, die Motivation, die Ermittlung oder das Szenario geboten.
Auffallend ist dafür, welche extreme Ausmaße das CGI dieses Mal annimmt. Das Standard-Studio Tôkyô Movie Shinsha (Akira, Lupin III – Das Schloss von Cagliostro), an und für sich eine bedächtige Bastion klassischen Zeichentricks, hat hier so viele Computerspielereien eingebaut, dass einem schon mal etwas schwindlig werden kann. Teilweise passt das ganz gut zur Optik, da IT bei Zero der Vollstrecker eine große Rolle spielt. An anderen Stellen macht der Film hingegen keine besonders gute Figur, wenn die Kontraste zwischen 2D und 3D zu heftig werden. Aber vielleicht wird das beim 23. Teil wieder etwas harmonischer, der kürzlich bereits in Japan angelaufen ist.
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