Die Sieger

Die Sieger

Die Sieger
„Die Sieger“ // Deutschland-Start: 22. September 1994 (Kino)

Diesen Einsatz wird Karl Simon (Herbert Knaup) so bald nicht wieder vergessen. Schlimm genug, dass die Verhaftung der drei Verdächtigen gründlich in die Hose gegangen ist: Nur einen konnten sie dingfest machen, ein zweiter starb, der dritte konnte entkommen. Aber es beschleicht den Polizeihauptmeister auch noch das Gefühl, dass der vermeintliche dritte Unbekannte niemand anderes als sein Ex-Kollege Heinz Schaefer (Hannes Jaenicke) war. Aber wie kann das sein, wenn der sich vor vier Jahren umgebracht hat? Glauben will Simon natürlich niemand, völlig ausgeschlossen sei das Ganze. Also bleibt ihm nichts anderes übrig, als auf eigene Faust zu ermitteln – womit er bald sich und seine Familie in Gefahr bringt.

Die Deutschen können kein Genrekino, heißt es immer wieder. Schön, die Fernsehkrimis am Sonntagabend seien ihnen vergönnt. Aber mehr? Alles vergebene Liebesmühe. Versuche, aus diesem Stereotypenkäfig auszubrechen, gab und gibt es natürlich immer wieder. Kaum einer dürfte ambitionierter gewesen sein als Die Sieger. Dominik Graf (Hanne, Am Abend aller Tage) wurde damals die Ehre zuteil, einen Thriller fürs Kino zu inszenieren, der sich deutlich an US-Vorbildern orientierte. Ein Thriller über harte Cops, eine große Verschwörung und jede Menge Lebensgefahr.

Ein teurer Reinfall
Den Spaß ließ man sich einiges kosten, 12 Millionen D-Mark soll das damals gekostet haben. Für Graf war dies jedoch nicht genug, das Budget habe in der Form viel zu viele Kompromisse gekostet. Aber auch die ständigen Drehbucharbeiten sollen dem Film geschadet haben. Das glaubt man gern, gleich vier Leute sollen am Skript rumgewerkelt haben, bis von der ursprünglichen Vision Günter Schütters kaum mehr etwas übrig geblieben ist. Man darf sich sogar darüber streiten, ob in Die Sieger überhaupt noch sowas wie eine Vision vorhanden ist.

Am ehesten ist die Bemühung des Thrillers deutlich, den eigenen Titel ad absurdum zu führen. Denn von Siegern ist hier weit und breit keine Spur. Sicher, im Hintergrund setzen sich mächtige Leute über alles und jeden hinweg. Moral oder Gesetze? Braucht keiner, der Geld und Einfluss hat. Aber eigentlich gehört hier fast jeder zu Verlierern, auf die eine oder andere Weise. Der Film legt dann auch durchaus Wert auf die eigenen Figuren und das Verhältnis untereinander. Nur, natürlich ist das Ganze nicht. Jeder macht hier, was er will oder soll, unabhängig davon, ob das noch irgendwie menschlich wirkt. Die Sieger will unbedingt so richtig abgründig sein, vergisst dabei aber die Feinarbeit.

Lasst es krachen!
Stattdessen wird rangeklotzt. Es gibt Verfolgungsjagden und Schusswechsel. Und Sex. Der spielt für den Inhalt keine Rolle, trägt nur dazu bei, dass der Film insgesamt viel zu lang ist. Und auch langweilig: Die Balance zwischen den einzelnen Elementen funktioniert nicht, Die Sieger hält sich zu oft mit Unwichtigem auf, verliert dafür bedeutendere Stränge aus den Augen. Wenn die Geschichte dann irgendwann doch noch mal auf die Zielgerade einbiegt, ist es eigentlich schon zu spät, zu dem Zeitpunkt hat man längst das Interesse verloren.

Streckenweise will man natürlich schon wissen, was genau gespielt wird. Außerdem appelliert Die Sieger mit seinen diversen Wendungen an die Verschwörungstheoretiker in uns, die am liebsten in denen da oben das personifizierte Übel sehen, das sich auf Kosten aller anderen bereichert. Zusammen mit der grundsätzlich ansprechenden Darstellerleistung – etwa Meret Becker als labile Witwe – kommt da schon einiges, wofür man sich den Film anschauen kann. Es reicht aber selbst in dem dieses Jahr veröffentlichten Director’s Cut nicht aus, um wirklich gegen das Stereotyp anzukommen. Man mag sich hiermit auf das große Parkett gewagt haben, zu suchen hatte man dort aber nichts.



(Anzeige)

„Die Sieger“ will ein deutsches Pendant zu den großen US-Thrillern sein, Abgründe aufzeigen und mit Wendungen schockieren. Trotz dieser Ambitionen und ansprechender Schauspielleistungen ist der Film über einen Polizisten, der einer großen Verschwörung auf die Spur kommt, aber nur zweite Wahl. Vor allem die mangelnde Balance und die Überlänge machen der Geschichte zu schaffen.
5
von 10