Wenn Stella Grant (Haley Lou Richardson) einen Traum hat, dann den: Sie würde gern ein ganz normales Leben führen. Doch das hat sie nicht, hat es nie gehabt. Denn die Jugendliche leidet an Mukoviszidose und muss deshalb ständig im Krankenhaus sein und sich an zahlreiche Regeln halten. Das gilt prinzipiell auch für Will Newman (Cole Sprouse), dem sie eines Tages dort über den Weg läuft und der an derselben Krankheit leidet. Im Gegensatz zu ihr hält er jedoch nicht so viel davon, sich alles vorschreiben zu lassen. Schnell knistert es zwischen den beiden und die beiden kommen sich näher – obwohl sie genau das aus medizinischen Gründen nicht dürfen.
Das Leben von Teenagern kann schon unter normalen Umständen schrecklich dramatisch sein, gerade auch in Filmen: Der kleinste Stolperstein wird zum Gewicht der ganzen Welt überdimensioniert, eine erste Liebe wird zur alles entscheidenden Schicksalsbegegnung. Schließlich wissen es die Protagonisten und Protagonistinnen noch nicht besser, das anvisierte gleichaltrige Publikum ebenfalls nicht. Das gilt es auszunutzen, da wird gerne dick aufgetragen, selbst kleinste Banalitäten werden aufgebauscht. Was aber, wenn die Umstände nicht normal sind? Wenn das Leben selbst zu einem Problem wird?
Eine kranke Liebe
Auch das kommt immer mal wieder vor. Ganz hoch im Kurs: Krankheiten, je gravierender, umso besser. Ob nun Das Schicksal ist ein Verräter, Club der roten Bänder oder Midnight Sun – Alles für dich, wenn die Jugendlichen zusätzlich ein Leiden haben, lassen sich noch ein paar Tränen mehr herauspressen. Das dachte sich wohl auch das Drehbuchduo Mikki Daughtry und Tobias Iaconis (Lloronas Fluch), das inspiriert von anderen Hits völlig ungeniert das Szenario ausschlachtet, als gäbe es kein Morgen mehr. Das ist mitunter etwas zynisch, dafür aber wirksam. Wär für solche emotionalen Manipulationen offen ist, darf besonders zum Ende hin hemmungslos schluchzen.
Zunächst ist die Welt aber noch in Ordnung. So in Ordnung eine Welt nun mal sein kann, die von todkranken Jugendlichen bevölkert wird. Drei Schritte zu dir – der Titel bezieht sich auf den Sicherheitsabstand, den Mukoviszidose-Patienten einhalten müssen – nimmt den Einstieg, um erst einmal den Alltag zu etablieren. Stella ist gemessen an ihrer Situation auffallend fröhlich, erfreut sich an ihrem Vlog, in dem sie ihr Leben festhält. Will ist nicht nur in der Hinsicht eher das Gegenteil. Insgesamt sind die beiden Figuren als gegensätzlich angelegt, um nach dem üblichen Motto, dass sich Gegensätze anziehen, später ein paar Schmetterlinge im Bauch züchten zu lassen.
Zwischen Charme und Kitsch
Auch das ist nicht die ganz große Drehbuchkunst, Drei Schritte zu dir bewegt sich nie nennenswert von Klischees und Standards weg. Man weiß hier immer ziemlich genau, was als nächstes geschehen wird, von den plötzlichen Höhenflügen bis zu den Abstürzen. Selbst die dramatischen Wendungen wird man kaum als solche bezeichnen wollen, dafür sind sie zu sehr einkalkuliert – was gerade in einem Fall einen sehr bitteren Nachgeschmack hinterlässt. Dafür sind die Szenen mit Stella und Grant umso süßer, mal auf eine tatsächlich wohlige Art, mal wird einem etwas übel dabei. Der Film ist grundsätzlich an der Grenze zum Kitsch positioniert, manchmal auch jenseits davon.
Das kann man lieben, kann man ebenso verabscheuen. Aber selbst wer einem derartigen Werk kritisch gegenübersteht, wird zugeben, dass das Regiedebüt von Justin Baldoni (Jane the Virgin) seine Qualitäten hat. Einige Bilder, die den Abstand zwischen den Jugendlichen verdeutlichen sollen, sind ganz schön. Vor allem aber funktioniert das Zusammenspiel von Haley Lu Richardson und Cole Sprouse sehr gut. Sie geben nicht nur ein unverschämt attraktives Paar ab, trotz der Schläuche und anderer künstlicher Verunstaltungen. Das miteinander harmonierende Charisma ist so entwaffnend, dass man zuweilen die inhaltlichen Schwächen ganz vergisst und selbst berührt ist von diesen zwei jungen Menschen, die sich so sehr nach einander und dem Leben sehnen, obwohl und weil der Tod sie bereits so fest im Griff hat. Die Geschichte einer unerreichbaren Liebe, selten war sie so wörtlich und tragisch wie hier.
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