Streit? Wegen Religionen? Das braucht es nicht. Hirte Besnik (Arben Bajraktaraj) ist es gewohnt, dass in seinem kleinen albanischen Dorf die Menschen friedlich zusammenleben, unabhängig vom Glauben. Auch in seiner Familie stand man notgedrungen Andersgläubigen immer offen gegenüber: Katholiken, Muslime, Orthodoxe, da ist so ziemlich alles vertreten. Und doch, als eines Tages in der Moschee ein altes christliches Heiligenbild entdeckt wird, ist der Schock groß. Zwei Religionen, die sich ein Haus teilen? Wo gibt es denn so etwas? Jetzt heißt es, die erhitzten Gemüter wieder zu beruhigen, damit wieder Frieden herrscht – im Dorf wie in der Familie.
Selig sind die Armen im Geiste, heißt es im Matthäus-Evangelium, denn ihnen gehöre das Himmelsreich. Daran mag durchaus etwas sein, wenn man sich Besnik ein wenig anschaut. Simpel gestrickt ist der Hirte, kein Mann der großen Worte, spielt auch schon mal mit Kindern, obwohl er deutlich älter ist. Aber was ihm an Ego und Bildung mangeln mag, das macht er durch seine pure Gutherzigkeit wieder wett. Und so ist es dann vielleicht auch kein Zufall, dass ausgerechnet er in einer Vision von dem Heiligenbild erfuhr, noch bevor andere es finden konnten. War es vielleicht Gott persönlich, der ihm davon erzählte?
Warum streitet ihr euch alle?
Eine Antwort darauf liefert der albanische Regisseur und Drehbuchautor Robert Budina nicht. Weder verrät er, ob Besnik nun tatsächlich eine besondere Beziehung zu Gott hat, noch ob es diesen Gott überhaupt gibt. Ein Licht zwischen den Wolken spricht zwar sehr oft über Religion und die verschiedenen Glaubensrichtungen, bezieht dazu aber keine Stellung. Der Film hält sich heraus aus dem Streit, was nun richtig ist. Wichtiger ist es, den Streit als solchen zu thematisieren und sich für ein Ende desselben einzusetzen.
Das hätte als Komödie gut funktioniert, zumindest an einigen Stellen scheint Ein Licht zwischen den Wolken die Absurdität des Streits auch hervorheben zu wollen. Geradezu kurios sind die Gestalten, die hier herumlaufen, ein bisschen wie in The Unknown Saint. Und doch kann sich Budina nie ganz dazu hinreißen, diesen Weg konsequent zu verfolgen. Stattdessen bleibt der Film da vage, so wie er bei vielem eben vage bleibt, einerseits die Realität abbildet und doch diese mystische, spirituelle Note beibehält, dass die Welt da draußen gleichzeitig immer mehr ist, als wir sehen.
Schöner Ausflug in die Vergangenheit
Wobei auch diese Welt eine Menge zu bieten hat, zumindest für das Auge. Der Beitrag vom Filmfest München 2019 entführt uns ins albanische Hinterland, wo Natur und Traditionen noch sicher sind vor der Hand des modernen Menschen. Dort wird nicht in Minuten oder Stunden gedacht, sondern in Jahren, wenn nicht Jahrhunderten. Umso verstörender ist es deshalb für die Bewohner, wenn die zurückliegende Geschichte anders ist, als sie sie kennen. Dass es tatsächlich vorher eine Gemeinschaft der Religionen gab, die über das hinausgeht, was jetzt Alltag ist – was für eine traditionsbewusste Bevölkerung nur schwer zu schlucken ist.
Der Widerstreit Tradition und Moderne ist dann auch eins der Themen, die bei Ein Licht zwischen den Wolken mitschwingen. Die Frage, wie wir unser Leben im Vergleich zu früher zu führen. Vor allem aber ist das sehr ruhige Drama, wortwörtlich und im übertragenen Sinn, ein Plädoyer für mehr Toleranz und die Überwindung von zwischenmenschlichen Gräben. Denn eigentlich sind die unnötig. Und auch unnatürlich, wie eine besonders schöne Szene verdeutlicht, welche die zerstrittene Familie beim Essen zeigt. Das Leben könnte so viel einfacher sein, wenn man ein bisschen näher zusammenrückt, mit den Stühlen und dem Geist.
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