Eine moralische Entscheidung
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Eine moralische Entscheidung

Eine moralische Entscheidung
„Eine moralische Entscheidung“ // Deutschland-Start: 20. Juni 2019 (Kino)

Der Schock ist groß beim forensischen Pathologen Dr. Kaveh Nariman (Amir Aghaei), als er nachts von einem anderen Auto geschnitten wird und dadurch in einen Unfall mit einer vierköpfigen Familie verwickelt wird. Die Schäden sind jedoch zum Glück überschaubar, es ist auch niemand ernsthaft verletzt. Nach einer anfänglichen Irritation wird er sich schnell mit dem Familienvater Moosa (Navid Mohammadzadeh) einig. Umso bestürzter ist Nariman, als der Sohn der Familie am nächsten Morgen tot in seinem Krankenhaus eingeliefert wird. Zwar stellt seine Kollegin Dr. Sayeh Behbahani (Hediyeh Tehrani) eine Lebensmittelvergiftung als Todesursache fest. Doch so ganz sicher ist sich der Arzt nicht, ob er nicht doch eine Verantwortung an dem Tod trägt – zumal noch einige weitere Unglücke folgen werden.

Wenn Filme aus Iran bei uns aufschlagen, dann handelt es sich meistens um Titel, die in irgendeiner Form das Regime oder die Lebenssituation kritisieren. Ob es nun der Roadtrip von Drei Gesichter ist, der unter anderem mit der Rolle der Frau hadert, oder das Korruptionsdrama A Man of Integrity – es sind nicht gerade Werbefilme, die uns die dortigen Regisseure da bescheren. Das gilt prinzipiell auch für Eine moralische Entscheidung, der kein bisschen weniger bitter ist. Im Gegensatz zu seinen Kollegen setzt sich Regisseur und Drehbuchautor Vahid Jalilvand aber nur bedingt mit seinem Heimatland auseinander.

Ein überraschend gerechtes Umfeld
Natürlich gibt es sie, die Vertreter des Staates, in Gestalt von Polizisten und Richtern und Staatsanwälten. Doch hier gibt es keine übertriebene Härte oder die befürchtete Korruption. Im Gegenteil, alle Beteiligten scheint daran gelegen zu sein, tatsächlich für Gerechtigkeit zu sorgen. Wirkliche Antagonisten sind in Eine moralische Entscheidung selten. Die spannende Frage des Dramas ist dann auch weniger, wer hier für Gerechtigkeit sorgt und ob sie am Ende erreicht wird. Stattdessen steht die Frage im Raum, was genau Gerechtigkeit denn eigentlich ist.

Das ist überaus knifflig, wenn in Eine moralische Entscheidung mehrere unglückliche Umstände aufeinandertreffen und sich gegenseitig bedingen. Eine Kettenreaktion beginnt, alles was hier geschieht, hat letztendlich Folgen. Wenn der Film zunächst an Flight erinnert, wo das Bekenntnis eines betrunkenen Piloten nur von dem eigenen Gewissen verursacht werden kann, da ist der Fall hier schwieriger. Denn genau kann keiner sagen, ob es nun der Unfall war oder die Vergiftung, die den Achtjährigen das Leben gekostet hat. Wie soll aber Verantwortung übernommen werden, wenn unklar ist, wer denn nun die Verantwortung hat?

Philosophische Überlegungen
Das ist klar mehr ein Gedankenspiel als eine naturgetreue Abbildung des Lebens. Man muss die etwas konstruierte Ausgangssituation schon akzeptieren können, um sich auf das philosophische Experiment einzulassen. Die Frage, wie man sich selbst in einer solchen Situation verhalten würde, die steht immer implizit im Raum. Das soll dann aber nicht bedeuten, dass Eine moralische Entscheidung reines Kopfkino ist und die Gefühlswelt dabei außer Acht lässt. Stattdessen ist das Drama durchaus auch ein Charakterporträt von zwei Figuren, die sich in einer Ausnahmesituation befinden und nun nach der angemessenen Reaktion suchen.

Dr. Kariman macht es einem in der Hinsicht etwas schwierig, da er weder den anderen Figuren noch dem Publikum gegenüber übermäßig mitteilsam wäre. Warum er was macht, das bleibt hier oft ein kleines Geheimnis, über Motive und Hintergründe kann da teilweise nur spekuliert werden. Umso emotionaler und aufbrausender tritt dafür Mohammadzadeh auf, dessen Darstellung von Moussa ihm bei den Filmfestspielen von Venedig 2017 einen Preis als bester Schauspieler in der Sektion Horizons einbrachte. Auch er ist von der Frage nach Schuld und Verantwortung zerfressen, hat aber nicht die Mittel damit umzugehen. Der sehr universelle Film, der nahezu überall spielen könnte, wird auf diese Weise auch zu einem Kommentar über eine Zwei-Klassen-Gesellschaft, in der vieles letztendlich vom Geld abhängt – manchmal eben auch die Frage der Moral.



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„Eine moralische Entscheidung“ handelt von einem Arzt, der einen Unfall verursacht und später mit der Möglichkeit kämpft, Schuld am Tod eines Jungen zu sein. Das ist insgesamt mehr philosophisches Gedankenexperiment als Alltagsgeschichte, stellt dabei aber spannende Fragen zu Moral und Verantwortung, über die es sich nachzudenken lohnt.
8
von 10