Zwei Jahre ist es mittlerweile her, dass Zombies die Erde überrannt haben. Die wenigen Überreste der Menschheit verbarrikadieren sich hinter Schutzzäunen, so gut es eben geht. Dabei sind die Reaktionen auf die Gefahr durchaus unterschiedlich. Infizierten irgendwie helfen wollen? Oder lieber doch alles töten, was befallen ist? Die 22-jährige Vivi (Gro Swantje Kohlhof) und die 26-jährige Eva (Maja Lehrer) haben Glück gehabt, bislang, und beschließen wenn auch etwas unfreiwillig gemeinsam eine Reise zur nächsten Stadt anzutreten. Unterwegs müssen sie sich nicht nur großer Horden erwehren, sondern stellen dabei fest, dass das Ende der Menschheit gleichzeitig auch ein Anfang sein kann.
Genrefilme und Deutschland, das ist eine ewige Geschichte voller Missverständnisse und Animositäten. Schon Thrillern wird mit jeder Menge Skepsis begegnet, obwohl die Nähe zum etablierten Krimi eigentlich helfen sollte. Geht es dann gar um Horror oder Science-Fiction, ist für die meisten der Ofen von vornherein aus. Kann ja nix taugen! Wenn mit Endzeit nun ein deutscher Zombie-Film erscheint, dann ist das grundsätzlich schon einmal bemerkenswert. Aber es wird noch ungewöhnlicher: Der Film ist eine fast reine Frauenangelegenheit, an sämtlichen großen Positionen findet sich das vermeintlich schwache Geschlecht.
Comic ohne Helden
Schon die Vorlage, die gleichnamige Graphic Novel, stammt aus weiblicher Hand. Genauer ist es Olivia Vieweg, welche die Geschichte damals auf Papier brachte und bei der Filmfassung für die Drehbuchadaption zuständig war. Regie führte die Schwedin Carolina Hellsgård (Wanja). Und bei den Hauptfiguren gibt es ohnehin nur Frauen. Männer dürfen höchstens mal am Rand herumstehen oder als Zombies Angst und Schrecken verbreiten. Liebreizende Damsels in Distress retten? Das gibt es hier nicht. In Endzeit muss Frau sich selbst zu helfen wissen.
Es ist aber nicht nur diese feministische Komponente, die diesen Horrorstreifen von der Konkurrenz unterscheidet. Action steht hier viel weniger im Raum, sich durch Horden von Angreifern zu metzeln, ist nicht. Was auch damit zusammenhängt, dass Vivi wenig Talent im Kampf zeigt. Beim ersten Zusammentreffen verliert sie bereits die Nerven, später wird es nicht ernsthaft besser. Stärker ist Vieweg an den beiden Figuren interessiert, an ihren jeweiligen Hintergrundgeschichten und natürlich auch an den Kontrasten. Eine Art Buddy Movie, nur ohne den dort oft vorzufindenden Humor. Zu lachen gibt es hier nichts, allenfalls die etwas kuriosen Zombie-Designs regen zum Schmunzeln an.
Das Märchen vom Ende
Dabei sind die Geschichten teilweise recht tragisch. Endzeit, das auf dem Toronto International Film Festival 2018 Weltpremiere hatte, erzeugt eine bedrückende Atmosphäre, entwirft eine Welt, in der sich jeder selbst der nächste ist. Doch eben diese Atmosphäre wird sich mit der Zeit wandeln, die deutsche Produktion nimmt eine ganz eigene märchenhafte Anmutung an – passend zum internationalen Titel Ever After. Faszinierend ist beispielsweise der bizarre, leider sehr kurze Auftritt von Trine Dyrholm, die für ein neues Zusammenleben mit der Natur steht. Und auch danach aussieht.
Das ist nicht ohne Reiz. Wer etwas offener ist, findet mit Endzeit eine eigenwillige Alternative zu den herkömmlichen Zombie-Werken, wie sie unentwegt produziert werden. Es ist nur nicht unbedingt eine bessere Alternative. So spannend das leicht esoterisch angehauchte Thema der Erneuerung ist, es kommt erst relativ spät zur Sprache. Auch die Flashbacks, die eigentlich für mehr Tiefe sorgen sollen, kommen und gehen, ohne dass es einen nennenswerten Unterschied machen würde. Zwischenzeitlich fragt man sich da durchaus, ob der Comic nicht vielleicht etwas zu dünn für einen ganzen Film war. Trotzdem: Das deutsche Kino zeigt, dass es mehr kann, mehr möglich ist in dem oft sehr konformen Angebot. Bonuspunkte gibt es für das so unerwartete Szenario, dass ausgerechnet Ostdeutschland als Ort einer Zombie-Apokalypse ausgewählt wurde.
(Anzeige)