Für ein bisschen Musik ist man doch nie zu alt. Vor allem, wenn man sie schon so lange macht wie die diversen Herren, die hier vor die Kamera bzw. hinter das Mikro treten. Seit Jahrzehnten schon sind Ken Boothe, Winston McAnuff, Kiddus I und Cedric Myton unterwegs, treten auf, singen ihre Lieder. Die ganz große Karriere sprang nie dabei heraus, auch wenn Boothe einmal an der Spitze der UK-Charts stand. Doch das ist 45 Jahre her. Während Bob Marley beispielsweise untrennbar mit der Reggae-Bewegung verbunden ist, sind seine Mitstreiter in Vergessenheit geraten.
Regisseur Peter Webber (Das Mädchen mit dem Perlenohrring, Zehn Milliarden) wollte dies offensichtlich ändern und bat deshalb die Helden von einst, doch noch einmal zusammenzukommen und ein bisschen aus dem Nähkästchen zu plaudern. Der Blick von Inna de Yard – The Soul of Jamaica ist dann auch zwangsweise sehr nach hinten gewandt. Die Herren mit den ergrauten Rastalocken erinnern sich daran, wie das damals so war mit der Musik, dem Leben und überhaupt.
Es lebe das Gestern
Für die Gesprächspartner geht dieses Erinnern sicherlich mit viel nostalgischem Gefühl einher. Auf das Publikum überträgt sich das jedoch eher weniger. Dafür bleibt das Ganze doch zu weit entfernt, sind die Geschichten oft auch nicht wirklich spannend genug. Dann und wann, wenn Inna de Yard diese in einen kulturellen bzw. gesellschaftlichen Kontext stellt, lohnt es sich etwas genauer zuzuhören. Denn auch wenn die Musik natürlich so schön entspannt ist, bedeutet das nicht, dass die Menschen dahinter in einem Paradies leben.
Diese Einschübe sind aber zu selten und zu kurz. Die restliche Zeit wird in dem Beitrag vom Tribeca Film Festival 2019 dafür verwendet, den Altmeistern beim Musizieren zuzuhören. Das können alte Aufnahmen sein oder auch ganz neue, bei Letzteren dürfen auch jüngere Kollegen und Kolleginnen mitmischen. Die Unterschiede sieht man in erster Linie, anhand der Bildqualität. Man hört sie jedoch kaum. An der Musik hat sich wenig geändert, die hört sich so an, als wären seit den kommerziellen Höhepunkten des Reggae keine Jahrzehnte vergangen.
Darüber darf man sich freuen, als großer Fan dieser Musikrichtung. Es trägt jedoch zu dem Eindruck bei, dass Inna de Yard irgendwie ziemlich belanglos ist. Dass da letztendlich einfach nicht genügend Stoff vorliegt, der einen ganzen Dokumentarfilm rechtfertigen würde. Man kann hier ein bisschen die Zeit totschlagen, eine nette Zeit mit den alten Herren verbringen und den wenigen Damen. Man wird jedoch nicht wirklich schlauer daraus, hat am Ende weder über die Menschen noch ihre Musik wirklich etwas erfahren. Von der Seele von Jamaika, die großspurig im Titel angekündigt wird, ganz zu schweigen.
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