Es ist ein Urlaub, den Elin (Ylva Gallon) und Tobias (Leif Edlund) niemals vergessen werden. Nur knapp ist Elin dem Tod noch entkommen, fast wäre ihr ein Allergieschock zum Verhängnis geworden. Ihre Tochter Maja (Katarina Jacobson) hat jedoch weniger Glück, für sie kommt jede Hilfe zu spät. Drei Jahre nach dem Tod ihres Kindes ist von der Beziehung der zwei nicht viel übrig geblieben. Ein gemeinsamer Campingurlaub soll die Ehe noch retten, aber die Chancen stehen eher schlecht, schon auf dem Weg dorthin kriegen sich die beiden immer wieder in die Haare. Der eigentliche Albtraum steht ihnen dabei noch bevor, denn jede Nacht werden sie im Wald von drei seltsamen Gestalten heimgesucht.
Vom ersten Moment an weiß man bei Koko-di Koko-da ziemlich genau: Das wird jetzt ein bisschen seltsam. Ein bisschen unheimlich auch, wenn drei Gestalten durch den Wald stapfen, die man eher in einem Zirkus vermuten würde. Ein eher klein gewachsener Herr im schicken Anzug, der diese etwas andere Menage à trois anführt. Ein starker Berg von einem Mann, dem man durchaus zutrauen würde, Eisenketten auseinanderzubiegen. Mit der Hand wohlgemerkt. Eine bizarre Frau, ein bisschen wie eine Manga-Cosplayerin. Ach ja, Hunde gibt es auch, in allen möglichen Lebendigkeitsgraden.
Alles da und wieder weg … vielleicht
Aber vielleicht auch nicht, denn im nächsten Moment ist der Spuk vorbei, statt Hunden gibt es Hasenohren. Die eigenartige, unheilvolle Stimmung bleibt jedoch. Vor allem als die alten Bekannten im Wald wiederkommen. Und sie gehen. Und sie wiederkommen. Eine endlose Schleife, die sich wiederholt, immer ein bisschen anders, aber doch immer irgendwie bizarr und verstörend. Denn auch wenn nichts hier von Dauer ist, das Unbehagen bleibt. Schließlich weiß man nie, was als nächstes geschieht. Selbst wenn man es nur zu genau weiß.
Koko-di Koko-da ist ein Film, über den man im Vorfeld nicht zu viel erfahren sollte, damit die einzelnen Szenen ihre Wirkung entfalten können. Denn ein Teil des Vergnügens liegt darin, aus diesen anfangs so willkürlich erscheinenden Szenen einen Sinn für sich herauszuarbeiten. Dem schwedischen Regisseur und Drehbuchautor Johannes Nyholm ist damit ein beeindruckendes kleines Werk geglückt, das überhaupt nicht viele Mittel braucht, um seine Ziele zu erreichen. Auch wenn man zwischenzeitlich keine Ahnung hat, was diese Ziele sind.
Der Horror der Realität
Selbst das Genre ist nicht ganz eindeutig zuzuordnen. Über weite Strecken ist Koko-di Koko-da, das auf dem Sundance Film Festival 2019 Weltpremiere feierte, ein Horrorfilm. Das verwundert nicht: Ein Paar in einem abgelegenen Wald, das finsteren Figuren begegnet, das ist als Szenario nun einmal typische Genrekost. Das können einfach nur zurückgebliebene Hillbillys sein, die aus purer Freude an der Grausamkeit und mangelnden Unterhaltungsmöglichkeiten unbedarfte Fremde abmurksen. Aber auch Fantasiegestalten stehen an solchen Stellen hoch im Kurs – siehe The Hole in the Ground oder The Hallow.
Bei Koko-di Koko-da bleibt es offen, ob das Trio einer der beiden Gruppen entspringt. Ebenso wenig ist klar, wie viel von dem real ist, was hier geschieht, wenn die Geschichte immer wieder sehr surreale Züge an sich nimmt. Wenn Elin und Tobias ihre Schwierigkeiten haben, aus dieser Hölle zu entkommen, dann aber nicht allein aus Genrezugehörigkeitsgründen. Vielmehr ist der Film eine ebenso ungewöhnliche wie effektive Beschäftigung mit dem Tod, mit Trauerarbeit, mit Hilflosigkeit. Mit dem Gefühl, äußeren Mächten ausgeliefert zu sein. Das ist trotz der Unwirklichkeit sehr nah an den Figuren, näher, als man es gewohnt ist. Immerzu schwankt der Film zwischen beidem hin und her, zwischen einem schmerzerfüllten Drama und grausamen Horror, die in einer Animationssequenz mündet, so schön und doch so unerträglich, dass man es fast schade findet, wenn am Ende der Albtraum doch noch vorbei ist.
(Anzeige)