Fred Flarsky (Seth Rogen) ist ein Mann mit großen Prinzipien. Aber auch mit einer großen Klappe. Und so findet sich der Journalist plötzlich ohne Job wieder, ist immer noch besser, als seine Integrität zu verlieren. Als sein bester Freund Lance (O’Shea Jackson Jr.) ihn daraufhin zu einer Party mitschleppt, läuft Fred seiner früheren Flamme Charlotte Field (Charlize Theron) über den Weg. Eine Begegnung, die sein Leben verändern wird: Die amtierende Außenministerin will kommende Präsidentin der USA werden und braucht noch einen Redenschreiber. Das ist eine einmalige Chance. Dumm nur, dass die Gefühle von damals wohl doch noch nicht ganz erloschen sind …
Im Englischen bezeichnet der Begriff Long Shot etwas, das nur eine sehr geringe Chance der Realisierung hat – was der deutsche Untertitel „Unwahrscheinlich, aber nicht unmöglich“ für die Englischunkundigen ausdrücken soll. Eine solche geringe Chance, so wird zumindest impliziert, hätte im wahren Leben eine Beziehung der beiden. Fred ist ein mäßig attraktiver Nerd ohne Job, die andere ein absoluter Karrieremensch mit Modelqualitäten. Solche Leute verkehren höchstens zufällig mal in gleichen Kreisen, Gemeinsamkeiten sind gering. Dass sie sich gleich zweimal im Leben begegnen werden – Charlotte war einst Freds Babysitterin –, das muss man schon glauben können. Aber um Glaubwürdigkeit geht es hier ja ohnehin nicht.
Derbe und satirische RomCom
Wobei es auch gar nicht so leicht zu sagen ist, worum es in Long Shot überhaupt gehen soll. Zum einen lässt sich Regisseur Jonathan Levine, dank Warm Bodies erfahren in ungewöhnlichen Beziehungssituationen, ziemlich viel Zeit, bis die Romanze überhaupt mal beginnt. Zeit, die er und seine Drehbuchautoren nutzen, um über alles Mögliche einmal zu reden. Politik ist ein häufiges Thema, der Film ist vollgestopft mit Anspielungen auf den aktuellen Politzirkus, von Trump bis Fox News ist alles dabei. Alexander Skarsgård wiederum darf in einer schönen Nebenrolle den kanadischen Premierminister Justin Trudeau aufs Korn nehmen.
Die Witze sind dabei selten subtil oder gar anspruchsvoll. Es darf mitunter sogar überaus derb zugehen. Das verwundert nicht weiter, wenn Seth Rogan und Evan Goldberg bei den Produzentencredits auftauchen, dann sollte man sich auf viel Humor unterhalb der Gürtellinie gefasst machen – siehe Das ist das Ende und The Interview. Aber auch auf jede Menge Spaß. Ihre Filme sind immer Bestätigung dafür, dass Zoten tatsächlich auch lustig sein können, selbst wenn die Konkurrenz einen immer wieder daran zweifeln lassen. Wenn sie hier im Rahmen einer Liebeskomödie zum Einsatz kommen, mag das ungewöhnlich sein. Aber es funktioniert, es ist sogar eine Wohltat, wenn Long Shot sich bewusst gegen die klinisch reine Rom-Com-Schablone entscheidet.
Altbekanntes mit kleinen Haken
Was nicht heißen soll, dass der Film voller Überraschungen stecken würde. Die eigentliche Geschichte ist vielmehr ein allzu braves Abhaken von Konventionen. Nach der Begegnung der beiden auf der Party dürfte es nur wenige im Publikum geben, die nicht erahnen, was sich später alles so zutragen wird. Auch die Wendungen und Widerhaken werden so früh angekündigt, dass sie gar nicht mehr als solche durchgehen. Long Shot, das beim South by Southwest Festival 2019 Premiere hatte, hat am Ende gar nicht vor, so anders zu ein, wie teilweise getan wird. Die Komödie spielt mit Klischees, wirklich mit ihnen brechen will sie aber nicht.
Aber das geht in Ordnung, die Mischung aus märchenhaftem Wohlfühlszenario – auch hässliche Loser können Traumfrauen bekommen! –, satirischen Spitzen und Brachialhumor funktioniert tatsächlich. Der Film hat dank seines gesellschaftlichen und politischen Bewusstseins zudem deutlich mehr zu sagen, als es dieses Genre normalerweise erfordert, etwa zu der optischen Fixierung unserer Gesellschaft oder auch der Rolle der Frau. Das wird sicher nicht jedem gefallen, derben Nerd-Humor zu politisieren, ist schon etwas gewagter. Andere werden sich vielleicht darüber beklagen, dass Long Shot nicht gewagt genug ist, sich hinter Karikaturen versteckt, anstatt sich wirklich der Themen mal anzunehmen. Aber als eine Art Zwischenlösung ist die Komödie gelungen: Die meisten Gags sitzen, der Film ist bis in die Nebenrollen toll besetzt, es gibt nur wenige Längen. Wer im Kino also einfach mal wieder lachen möchte, der ist hier an einer guten Adresse.
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