What You Gonna Do When the Worlds on Fire
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What You Gonna Do When the World’s on Fire?

„What You Gonna Do When the World’s on Fire?“ // Deutschland-Start: 23. Juli 2020 (Kino) // 6. November 2020 (DVD)

In den USA herrscht Krieg. Nicht offiziell, natürlich. Und auch nicht durchgängig. Aber doch immer mal wieder. Zumindest könnte man den Eindruck haben, wenn die Horrorgeschichten jenseits des Atlantiks bei uns eintreffen. Da werden Menschen zu Dutzenden abgeknallt, der Präsident ruft gerne mal den Notstand aus und spricht von Horrorszenarien. Wie ein Horrorfilm wirkt aber auch, dass regelmäßig Schwarze von Polizisten hingerichtet werden, oft unter fadenscheinigen Ausreden.

Polizeigewalt wird auch in What You Gonna Do When the World’s on Fire? gezeigt oder zumindest thematisiert. Polizeigewalt, die oft von der Hautfarbe her motiviert wird, ohne dass es allzu große Konsequenzen hätte. Dein Freund und Helfer? Eher dein Feind und Henker. Zumindest wenn du anders bist und zur falschen Zeit am falschen Ort. Wobei Rassismus natürlich kein rein auf die Polizei bezogenes Phänomen ist. Nicht jeder Polizist in ein Rassist. Nicht jeder Rassist ist ein Polizist. Wenn die Gesetzeshüter aus niederen Motiven Gesetze brechen, dann ist das nur das schockierendste Beispiel einer systematischen Feindseligkeit, der Gipfel des Eisbergs. Oder eben die Spitze des Feuers, um beim Titel zu bleiben.

Der tägliche Kampf
Regisseur Roberto Minervini lässt seinen Blick dann auch recht weit streifen in dem Sommer 2017, als er mit einer Kamera bewaffnet Jagd auf spannende Geschichten machte. Halt macht er bei einer Reihe von Afroamerikanern im Süden der USA, die alle in irgendeiner Form mit Rassismus in Berührung gekommen sind. Bei einigen sind die Zusammenhänge offensichtlicher, beispielsweise bei der New Black Panther Vereinigung. Unter der Leitung von Krystal Muhammad kämpfen die Mitglieder und Mitgliederinnen, inspiriert von dem historischen Vorbild, für Gleichberechtigung, kämpfen um Anerkennung für das Leid, das ihnen und den Vorfahren zugefügt wurde.

Die Wut von Muhammed ist durchaus zu spüren, ebenso die Energie, wenn sich alle versammeln und in Sprechchören ihrer Entrüstung Raum geben. Und doch hält sich die Emotionalität eher in Grenzen. Wer diese Menschen sind, welche die New Black Panther ausmachen, erfährt man nicht. Allgemein sind Kontexte nicht so das Anliegen von Minervi, Szenen müssen hier erst einmal für sich sprechen. Das tun die Aufmärsche und die Versuche, die Bevölkerung zu sensibilisieren natürlich schon. Aber sie bleiben zu distanziert, zu unpersönlich.

Aus nächster Nähe
Ganz anders, wenn What You Gonna Do When the World’s on Fire? sich den Einzelmenschen zuwendet. Vor allem Judy Hill, die auch die meiste Zeit vor der Kamera zugesprochen bekam, fesselt mit den Einblicken in ihr Leben. Glücklich war das nicht immer. Es war teilweise sogar richtig grauenvoll, wenn sie gegen Missbrauch und Drogensucht anzukämpfen hatte. Und auch jetzt befindet sie sich im Kampf, dieses Mal um ihre Bar zu retten, für die es wohl keinen Platz mehr gibt – die Gentrifizierung fordert ihre Opfer. Aber auch die Geschichte um die zwei Brüder, die ein so inniges Verhältnis pflegen, geht zu Herzen. Und es schockiert, wenn sie davon berichten, wie mal wieder Menschen in der Gegend bei einer Schießerei ums Leben gekommen ist.

An diesen Stellen wird der Dokumentarfilm, der bei den Filmfestspielen von Venedig 2018 Premiere feierte, zu einer intimen Begegnung, der man ewig zuschauen könnte – auch wegen der kunstvollen Schwarzweißbilder. Dabei sind Letztere nicht ganz unstrittig, manchmal hat man den Eindruck, dass What You Gonna Do When the World’s on Fire? bei der Untersuchung der Schicksale der schwarzen Bevölkerung die falschen Prioritäten setzt. Dass die Verpackung wichtiger ist als der Inhalt, vor allem wenn sie sich etwas lange mit Einstellungen aufhält, obwohl nicht wirklich etwas Nennenswertes geschieht. Für einen Rundumschlag reicht der Film, trotz seiner zwei Stunden Laufzeit, ohnehin nicht. Das wäre aber auch etwas vermessen. Als Momentaufnahmen ist das hier aber durchaus spannend, zeigt schöne bis erschreckende Aspekte in einem Land, das Gewalt zu einer Kunstform erhoben hat. Es ist zudem bemerkenswert, wie nahe der weiße Regisseur Minervini an seine Protagonisten herankam, in einer Zeit, in der das Misstrauen groß war und die Konflikte immer wieder zu eskalieren drohen.



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„What You Gonna Do When the World’s on Fire?“ folgt einer Reihe von Afroamerikanern und erzählt von ihrem Leben in einem von Gewalt und Rassismus zerfressenen Land. Das ist teilweise sehr spannend, teilweise aber auch etwas lang und zu sehr auf die kunstvollen Schwarzweißbilder fokussiert.