Marcos (Ricardo Darín) und Ana (Mercedes Morán) scheinen auch nach über 20 Jahren eine harmonische Ehe zu führen. Gemütliche Wohnung, gemeinsame Abendessen bei Wein und ihr Sohn Luciano (Andres Gil) machen das Zusammenleben wohl perfekt. Bis Luciano sich entschließt, sein Studium im Ausland zu beginnen, was Ana dann doch völlig unerwartet aus der Bahn wirft. Ihre zeitfüllende Aufgabe fällt weg und irgendwie steht sie vor einer Leere in ihrem Leben, die auch ihr Mann nicht zufüllen vermag. Marcos hingegen sieht der Veränderung sehr gelassen entgegen, freut sich auf die neu gewonnene Zeit zu Zweit. Er deutet Anas Melancholie als Empty-Nest-Syndrom, ist aber erstmal nicht beunruhigt und glaubt nach wie vor, dass sie sich an die neue Situation gewöhnen wird. Doch dann fängt Ana an, ihre und auch die gemeinsame Existenz zu hinterfragen. Ganz plötzlich und ohne viel Aufregung ist eine Trennung beschlossene Sache und beide stehen nochmal vor der Herausforderung herauszufinden, wer sie sind und was sie vom Leben erwarten.
Bereits 2018 eröffnete der argentinische Film von Juan Vera, der bisher im Filmgeschäft als Produzent tätig war, das Filmfest in San Sébastian. Dieses Jahr durfte die Romantik-Komödie auf dem Filmfest in München seine Deutschland Premiere feiern. Den Film als Romantik-Komödie zu betiteln ist eigentlich nur bedingt richtig. Denn genauso gut kann man den Film in Zügen dem Drama zuordnen. Was einfach daran liegt, dass An Unexpected Love aka El amor menos pensado unter anderem nicht wie sonst eher üblich eine klassisch beginnende Romanze erzählt. Viel mehr erzählt Vera davon, was eine langjährige Beziehung ausmacht und was passiert, wenn Eltern sich plötzlich neu erfinden können oder müssen.
Und was denkt ihr darüber?
Dass der Prozess des Loslassens und der Neustrukturierung des Lebens mit ein par wenigen komödiantische Elementen daherkommt, lockert das Ganze zwar auf, im Grunde fehlt dem Film aber dann doch die gewisse Tiefe. Es gibt viele Situationen in denen man sich wünscht, man würde noch mehr über die Gedanken der beiden Hauptdarsteller erfahren, die zu dem ein oder anderen Entschluss beitrugen. So bleibt die Charakterentwicklung einfach ziemlich hölzern und leer. Manchmal reichen ein paar Worte eben doch nicht aus um eine Lebenssituation oder eine Entscheidung für den Zuschauer erfahrbarer zu machen.
Und so zieht sich der Film weit über zwei Stunden mit mehr oder weniger interessanten Dialogen und Nebendarstellern, die aufgrund ihrer geringen Leinwandpräsenz zum Teil so unbedeutend werden, in die Länge. Hier wäre eine kürzere Laufzeit mit ein wenig mehr Tempo vielleicht die bessere Wahl gewesen. Und Tempo hätte Vera tatsächlich aufbauen können, indem er seine Eingangsidee weiterverfolgt hätte, bei der er Marcos den Zuschauer für einen Moment direkt ansprechen lässt, mehr miteinbezieht. Gleiches gilt für Ana, die ganz unvermittelt zwischendurch genauso einen Moment zugeschrieben bekommt. Für eine Rom-Com hätte das tatsächlich ein tolles Konzept abgeben können.
Stattdessen gleicht der Film optisch, sowie erzählerisch den vielen zumeist französischen seichten Familienkomödien die hierzulande ebenfalls bereits den Weg ins Kino fanden. Es gibt also tatsächlich nicht viel Neues zu entdecken mit El amor menos pensado und für jüngeres Publikum dürfte er auch wenig interessant sein. Was schade ist, da Vera mit Ricardo Darín (Offenes Geheimnis) und Mercedes Morán (Der schwarze Engel) zwei argentinische Superstars verpflichten konnte, die überaus sympathisch sind und zusammen eine unglaubliche Harmonie ausstrahlen. Am Ende bleibt der Zuschauer wie Marcos und Ana selbst, ziemlich ratlos wenn die Frage aufkommt, was denn eigentlich zwischen den beiden passiert ist.
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