Es läuft gerade nicht so gut beim argentinischen Präsidenten Hernán Blanco (Ricardo Darín). Vor allem die drohenden Korruptionsvorwürfe, welche der Ex-Mann seiner Tochter Marina (Dolores Fonzi) an ihn und seine Regierung erhebt, wiegen schwer. Dabei bräuchte er jetzt den Kopf frei, denn ein wichtiger Gipfel steht in Chile an, bei dem die südamerikanischen Regierungschefs über ein neues Ölabkommen beraten. Doch das ist alles nicht so leicht, umso mehr, als die mitgereiste Marina einen Nervenzusammenbruch erleidet. Denn unter Hypnose gibt sie einige Dinge zum Besten, die ihn doch schwer belasten …
Die Versuchung ist natürlich groß, Das Komplott – Verrat auf höchster Ebene als die direkte Reaktion auf die derzeitige politische Stimmung im Westen aufzufassen. Immer mehr Staaten wenden sich vom Multilateralismus ab, wollen ihr eigenes Ding drehen, oft auf Kosten anderer. Gemeinschaft? Gibt es nicht mehr. Wenn in dem Film die südamerikanischen Länder zusammenkommen, um eine gemeinsame Richtung zu finden, die unverhohlen die USA ausschließen soll, dann ist es schwer, sich ein kleines Grinsen zu verkneifen. Dabei hat der Film bereist mehr als zwei Jahre auf dem Buckel, genauer debütierte er 2017 bei den Filmfestspielen von Cannes.
Politiker sind doch alle Verbrecher …
Wobei es der Film den Anhängern des Isolationismus sogar relativ leicht macht. Denn was hier anfangs noch wie der Versuch aussieht, an einem gemeinsamen Strang zu ziehen, damit es allen besser geht, zeigt mit der Zeit ein anderes, sehr hässliches Gesicht. Denn natürlich geht es auch in Das Komplott – Verrat auf höchster Ebene darum, den eigenen Profit zu maximieren. Da schreckt dann auch niemand davor zurück, hinter den Kulissen ein paar Extradeals einzufädeln, von denen die anderen nichts mitbekommen sollen. Das Ergebnis: Eigentlich wollen sie alle einander über den Tisch ziehen. Die einen sind nur geschickter als andere, vielleicht auch skrupelloser.
Was zu Beginn aber noch wie eine Satire auf finstere Machenschaften im Politikbetrieb wirkt, wird später zu einem Werk, das nicht mehr so richtig zu fassen ist. Das liegt gerade auch an der Figur der Tochter, die zwei schwerwiegende Folgen mit sich bringt. Das Komplott wird deutlich persönlicher, ist zuweilen mehr mit dem Familiendrama als mit der Welt da draußen beschäftigt. Der Film wird aber auch rätselhafter, wenn die Hypnosebehandlung Dinge enthüllt, die gar nicht sein können. Und auch später wird es Elemente geben, welche die internationale Coproduktion in die Mysteryrichtung schieben werden.
Die Qual der offenen Fragen
Das ist auf der einen Seite interessant, da hier völlig verschiedene Genres gekreuzt werden und man allein schon aus Neugierde bis zum Schluss dabei bleibt. Andererseits wird der Film deswegen sicherlich auch anlässlich der Veröffentlichung hierzulande auf viel Kritik stoßen. Schließlich hat Santiago Mitre, der Regie führte und am Drehbuch mitschrieb, überhaupt nicht vor, die vielen Fragen zu beantworten, die er hier aufwirft. Je nach Lesart wird Das Komplott zu Futter für Verschwörungstheoretiker, die Politikern wirklich das Schlimmste zutrauen. Aber auch übernatürliche Erklärungsversuche wird es mit Sicherheit geben. So oder so: Wer unbedingt wissen muss, warum etwas ist, wie es ist, der könnte hier schnell frustriert werden.
Der Rest darf sich auf einen interessanten Film freuen, der mit einer stark ominösen Atmosphäre spielt, unterstützt von einer dramatischen Musik. Im Mittelpunkt des Geschehens steht natürlich der argentinische Superstar Ricardo Darín (Offenes Geheimnis, 7th Floor – Jede Sekunde zählt), dessen Figur als Gutmensch-Gegenentwurf eingeführt wird, an dem man zunehmend aber selbst zweifelt. Das Komplott wird so mit der Zeit zu einem gleichzeitig irgendwie altmodischen und doch zeitlosen Werk, das einem alle Gewissheit nimmt und einen erahnen lässt, wie tief der Morast im politischen Klüngel wirklich so ist. Dass wir am Ende keine Erklärung bekommen, sondern uns allein aufs Psychologische stützen, kommt dem Ganzen dabei sogar zugute, entlässt es uns doch mit dem mulmigen Gefühl, dass wir ohnehin längst nicht mehr durchblicken können, was da hinter unserem Rücken geschieht, sei es daheim oder in der Fremde.
OT: „La Cordillera“
IT: „The Summit“
Land: Argentinien, Frankreich, Spanien
Jahr: 2017
Regie: Santiago Mitre
Drehbuch: Santiago Mitre, Mariano Llinás
Musik: Alberto Iglesias
Kamera: Javier Julia
Darsteller: Ricardo Darín, Dolores Fonzi
Cannes 2017
Filmfest Hamburg 2017
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