Neue Götter in der Maxvorstadt
© ZDF/Paulo da Silva

Neue Götter in der Maxvorstadt

Auf imdb kann man bekanntlich als registrierter User bei den Filmeinträgen jede Menge Anpassungen vornehmen. Ob man nun die Crew aktualisiert, Daten wie Laufzeiten ergänzt oder externe Rezensionen verlinkt, die Seite folgt der Idee, dass die User die Datenbank pflegen und erweitern. Ist praktisch, spart Geld und befriedigt das Ego all derjenigen, die ihre Spuren hinterlassen wollen. Es gibt sogar die Möglichkeit, eigene Kurzinhalte zu den Filmen zu verfassen, „add a plot“ lautet die Funktion.

Bei Neue Götter in der Maxvorstadt steht diese beispielsweise da, wo bei anderen steht, worum es in dem Film geht. Aus gutem Grund. Denn wer die Filme von Klaus Lemke (Bad Girl Avenue) kennt, der weiß schon, dass man eigentlich nie weiß, was der Mann da so treibt und warum er es treibt. Man würde sich sogar wünschen, dass die Funktion nicht nur auf den imdb-Eintrag bezogen wäre, sondern auch auf den Film selbst. Dass man dem Werk nachträglich noch einen plot geben könnte, wenn es Lemke schon nicht tut.

Ein Eintrag ohne Gleichen
Eine offizielle Synopsis von Neue Götter in der Maxvorstadt gibt es natürlich. „Auf der Flucht vor ihrem Ex-Lover versteckt sich Judith auf der Toilette im Untergeschoss der Münchner Kunstakademie. Mit einem Skandalvideo will sie die snobistische Kunstszene entern. Davon wird sie aber abgelenkt von Penner Jürgen, der homeless und genial ist wie sie. In ihn verliebt sie sich. Mit ihm zieht sie betrunken und glücklich durch die Maxvorstadt. Dabei werden die beiden fotografiert, das Foto erscheint im Netz, und Judith geht aufs Ganze.“ Das kann man dann mit ein bisschen Fantasie mit den rund 70 Minuten in Einklang bringen, die der Film für sich beansprucht. Oder man lässt es bleiben.

Der Charme von Lemkes Werken, sofern man dieses Wort wirklich benutzen will, liegt eher darin, dass hier nichts geschieht, was dem klassischen Verständnis von Inhalt entsprechen würde. Geschehen tut hier natürlich schon einiges. Da wird immer wieder von Sex gesprochen, mal auch eine Frau entblößt, weil halt Kunst. Zur Not müssen Geister dafür herhalten: Einer der kurioseren Einfälle dieses Stückwerks ist, dass jemand Callgirl für Geister werden will. Das ist einprägsam, wenn auch völlig sinnbefreit, wie so manches hier.

Wollt ihr mir etwas sagen?
Was das Ganze soll, ob es überhaupt etwas soll, darüber kann man streiten. Bei Lemke laufen traditionell irgendwelche Leute durch München, hüpfen zwischen Schick und Trash hin und her, sagen dabei etwas, das sich nach viel anhören soll, dabei aber nichts ist. Das könnte als Satire auf selbstverliebtes Filmemachen durchgehen, ist dafür aber zu anstrengend. Und zu langweilig. „Sieh mich nicht so an, als würdest du gerade gefilmt werden.“ Ist das schon Meta oder doch nur unterirdisch? Ein grausamer Scherz oder ebenso grausame Selbstüberschätzung?

Immerhin, und das muss man Lemke hoch anrechnen: Seine Filme dauern nicht lange. Wenn man schon nichts zu sagen hat, dann kann man sich dabei ja auch kurzfassen. Wer noch nie etwas von ihm gesehen hat, bekommt mit Neue Götter in der Maxvorstadt, das auf dem Filmfest München 2019 Premiere feierte, einen Einblick in sein Schaffen. Es wird wohl auch Leute geben, denen der Film gefällt, schließlich ist der Regisseur und Drehbuchautor sowohl beim Filmfest wie auch im Fernsehen Dauergast. Die Gründe dafür sind aber ebenso rätselhaft wie die Nonsens-Geschichte, bei der man sich während des Anschauens selbst dringend einen add-a-plot-Button wünschen würde. Zur Not tut es aber auch die Umschalttaste.



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„Neue Götter in der Maxvorstadt“ ist ein typisches Werk von Klaus Lemke: Irgendwelche Menschen laufen durch München und sagen etwas, das sich nach viel anhört, letztendlich aber ohne Inhalt ist. So wie der Film insgesamt keine Geschichte erzählt und trotz einer kurzen Laufzeit eine große Zumutung ist.
3
von 10