Once upon a Time in Hollywood

Once Upon a Time in … Hollywood

Once upon a Time in Hollywood
„Once Upon a Time in … Hollywood“ // Deutschland-Start: 15. August 2019 (Kino) // 19. Dezember 2019 (DVD/Blu-ray)

Es ist noch gar nicht so lange her, da war Rick Dalton (Leonardo DiCaprio) ein großer Star: Als Hauptdarsteller einer Western-Serie war er Stammgast in den amerikanischen Wohnzimmern. Doch damit ist es vorbei. Für das Genre interessieren sich nur noch wenige Leute, er selbst wird oft auf die Rolle des Bösewichts reduziert, der sich von den jüngeren Kollegen vermöbeln lassen muss. Dabei gibt es einen Ausweg, schließlich erlebt der Western in Italien gerade eine Renaissance. Widerwillig lässt sich der in Ungnade gefallene Darsteller darauf ein und macht sich zusammen mit seinem besten Freund und ehemaligen Stunt Double Cliff Booth (Brad Pitt) auf den Weg.

Dass Quentin Tarantino keine Angst vor völlig überflüssiger Gewalt hat, sie sogar regelrecht zelebriert, das hat er in seinen bisherigen Filmen mehr als ausdrücklich bewiesen, zuletzt in Django Unchained und The Hateful 8. Als dann bekannt wurde, dass sein neuestes Werk von dem bestialischen Mord an der hochschwangeren Schauspielerin Sharon Tate handeln würde, verübt von dem Kult rund um Charles Manson, dann war das ebenso naheliegend wie furchteinflößend. Schließlich waren die bisherigen Gewaltorgien von Tarantino, so exzessiv sie auch waren, immer Teil einer offensichtlichen Fantasiewelt gewesen. Diese nun mit der realen in Einklang bringen zu wollen, das war mehr als heikel.

Altbekannt und überraschend anders
Doch dann kam Once Upon a Time in … Hollywood. Einerseits ist der Film, der bei den Filmfestspielen von Cannes 2019 Weltpremiere feierte, ein typischer Tarantino, der verliebt und selbstverliebt in den Schatztruhen der Filmgeschichte herumwühlt, mit viel Humor von starken Männern erzählt, die breitbeinig durch die Welt stapfen. Gleichzeitig ist die Tragikomödie aber so ganz anders, als man sie sich im Vorfeld vorgestellt hätte. So sind Tate und ihr Umfeld nur Randfiguren in dem Werk, gleiches gilt für die Manson-Familie. Und auch die erwarteten Gewaltexzesse sind erstaunlich selten. So selten, dass sie, wenn sie doch einmal zum Einsatz kommen, mehr irritieren als bestätigen – die entsprechenden Szenen wurden bei der Premiere auch sehr unterschiedlich aufgenommen.

Eigentlich ist Once Upon a Time in … Hollywood vielmehr ein Zeitporträt, ist mehr Stimmung als Handlung, mehr nostalgisches Schwelgen als brutale Begegnung. Wobei düstere Elemente von Anfang an in dem immerhin 160 Minuten dauernden Großwerk zu finden sind. Wenn Ricks Karriere gerade den Bach hinuntergeht, dann zeichnet Tarantino erstaunlich feinfühlig den Umbruch der gesamten Unterhaltungsindustrie nach, der damals in den späten 60ern stattfand. Alte Helden wurden abgesägt, Genrevorlieben wandelten sich, eine nachkommende, wilde Generation von Filmemachern schickte sich an, ganz andere, neue Geschichten zu erzählen. Wer da nicht mitmachte oder rechtzeitig die Zeichen der Zeit erkannte, fand sich auf den Trümmern des einstigen Ruhms wieder.

Ein reales Wunderland von anno dazumal
Für Tarantino, der schon immer gern als Filmhistoriker auftrat, ist das ein einziges Schlaraffenland. Er lässt es sich dann auch nicht nehmen, überall einmal vorbeizuschauen, in die letzten Ecken und Winkel, um die späten 60er neu zusammenzusetzen. Das sieht großartig aus, ohne jeden Zweifel. Kameramann Robert Richardson, mit dem der Filmemacher schon viele Male zusammengearbeitet hat, hat mithilfe seiner Zeitmaschine wunderbare Aufnahmen mitgebracht, von Western-Sets über schicke Wohnungen, staubige Ranches bis hin zu klassischen Kinos, die einem eine Träne der Rührung ins Gesicht zaubern. Und auch inhaltlich ist da alles mögliche dabei: Erlaubt war hier, was die Stimmung von damals einfangen konnte, egal ob die Szene nun einen Einfluss auf die Geschichte hat oder nicht.

Das funktioniert eine ganze Weile sehr gut, man verliert sich schnell in dieser Welt der Schönen und Reichen, der Vergessenen und Bekloppten. Was vorab als Film über einen bestimmten Vorfall, eben die Morde, angekündigt wurde, wird so zu einem Mikrokosmos, in dem alles zusammenhängt. Mit der Zeit zieht sich Once Upon a Time in … Hollywood dann aber doch. Gerade weil es hier nicht wirklich um etwas geht, neigt der Film zur Willkürlichkeit, zur Belanglosigkeit sogar. Wie zuletzt in The Hateful 8 wird dieses 60s-Kaleidoskop zu einer Geduldsprobe, wenn nicht gar langweilig. Und so interessant die Gedanken auch sind, die sich mit der Zeit einschleichen, wenn die sonnendurchfluteten Höhenflüge langsam düsteren Abgründen weichen, so wenig überzeugend ist der Übergang. Trotz der fürstlichen Laufzeit wurde hier dann doch nicht genug für das Thema gemacht, Tarantino wirft es dem Publikum einfach nur so vor die Füße, begnügt sich mit Spontanzynismus. Das große erhoffte Meisterwerk ist die Geschichte um einen scheiternden Schauspieler daher eher nicht geworden, trotz einzelner fantastischer Passagen, wohl aber ein sehenswerter Rückblick auf eine Zeit, in der alles möglich schien und in der doch alles dem Untergang geweiht war.



(Anzeige)

Mit „Once Upon a Time in ... Hollywood“ stöbert Quentin Tarantino erneut im Fundus der Filmgeschichte herum und nimmst uns mit ins Hollywood der späten 60er. Das sieht großartig aus und ist eine mit unzähligen Details vollgestopfte Liebeserklärung an eine Zeit des Umbruchs. Der Film ist mit 160 Minuten jedoch schon sehr lang geworden, verliert sich gerne auch mal in Banalitäten, wählt in anderen Fällen aber sehr abrupte Übergänge.
8
von 10