Beim Wort Satanisten denken zumindest Filmfans gern mal an dämonische Beschwörungen und das Opfern von Jungfrauen. Dabei haben sie ganz andere, irdische Ziele vor Augen, zumindest bei den Mitgliedern von The Satanic Temple. Die Regisseurin Penny Lane ist in ihrem Dokumentarfilm Hail Satan? über längere Zeit dem Gründer Lucien Greaves gefolgt und berichtet über eine etwas andere Organisation, die mit teils recht skurrilen Mitteln für die Trennung von Kirche und Staat kämpft. Wir konnten der jungen Filmemacherin einige Fragen zu ihrem neuen Werk stellen.
Wann und wie bist du mit The Satanic Temple in Berührung gekommen?
Das dürfte so etwa 2014 gewesen sein, als die News um ihre Pläne, in Oklahoma eine Baphomet-Statue zu errichten, verstärkt in den Medien auftauchte. Ich fand diese Kampagne lustig und clever und nahm an – fälschlicherweise, wie sich später herausstellte –, dass das mehr oder weniger eine Art politischer Medien-Streich ist. Ich dachte, dass es den Satanic Temple gar nicht wirklich gibt, sondern einfach eine Gruppe von Aktivisten so tat, als wären sie Satanisten, um auf diese Weise die Scheinheiligkeit der Gesetzgeber aufzudecken, die im Namen von Religionsfreiheit eine christliche Vorherrschaft auf öffentlichen Plätzen etablieren will.
Was hat dich an diesem Thema so interessiert, dass du darüber einen Film drehen wolltest?
Das kam durch einen Artikel der großartigen Journalistin Anna Merlan. Sie legte darin dar, dass die Gruppe nicht annähernd so simpel war, wie ich beim Überfliegen der lustigen Headlines gedacht hatte. Ich fing dadurch an zu verstehen, dass da tatsächliche Mitglieder einer tatsächlichen Organisation waren und nicht einfach nur ein paar Scherzbolde. The Satanic Temple war offensichtlich real und die Mitglieder wirklich Satanisten. Dadurch wurde mir auch klar, dass ich gar nicht wusste, was Satanisten sind und woran sie glauben. Dann ging es richtig los, und jeder Schritt des Verständnisprozesses brachte neue Überraschungen mit sich.
Bist du selbst religiös erzogen worden?
Nein, meine Erziehung war überhaupt nicht religiös. Sie war sogar eher anti-religiös. Meine Mutter war katholisch erzogen worden und fühlte sich dadurch unterdrückt. Deshalb gab es bei ihr immer eine vage, aber doch starke Ablehnung von religiösen Institutionen. Ich wusste auch nie so recht, warum Leute religiös sind oder in die Kirche gehen. Das erschien mir immer dumm und ein bisschen geisteskrank. Jetzt sehe ich das ganz anders durch meinen Kontakt mit Satanismus und Satanisten und das Verständnis, das ich dafür entwickelt habe. Ich bin jetzt viel näher dran zu verstehen, wofür es überhaupt Religion gibt, auch wenn ich mich selbst nicht übermäßig von religiösen Praktiken angezogen fühle.
Denkst du, dass Religion als solche überholt ist?
Nicht wirklich. Aber ein bisschen schon. Nicht wirklich, weil wir alle an etwas glauben, das wir nicht auf einer materiellen Ebene als real beweisen können. Wir alle organisieren uns basierend auf Geschichten, mythologischen Strukturen, moralischen Überzeugungen usw. Das ist, wo Religion ihren Anfang nimmt. Und diesen Zweck hat Religion immer erfüllt und tut es bis heute. Überholt ist Religion auf gewisse Weise aber schon, da viele religiöse Überzeugungen ihre Ursprünge vor der Moderne hatten und mit ihren anti-modernen Ausführungen sogar schädlich für uns sind.
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