Secret Obsession
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Secret Obsession

Secret Obsession
„Secret Obsession“ // Deutschland-Start: 18. Juli 2019 (Netflix)

Das war knapp: Als Jennifer Williams (Brenda Song) nach einem Verkehrsunfall ins Krankenhaus eingeliefert wird, ist sie lebensgefährlich verletzt. Doch am Ende geht alles noch einmal gut aus. Sie wird zunächst auf einen Rollstuhl angewiesen sein, doch das ist – ebenso wie ihre Gedächtnislücken, die sie als Folge der Verletzungen hat – nur vorübergehend. Zumal ihr Mann Russell (Mike Vogel) ihr hilfreich zur Seite steht und wirklich alles für sie tun würde. Detective Frank Page (Dennis Haysbert) hingegen ist misstrauisch. Irgendetwas stimmt nicht an der gesamten Geschichte, davon ist der traumatisierte Polizist überzeugt. Und tatsächlich wird Jennifer bald feststellen, dass die langsam zurückkehrenden Erinnerungen sie nicht unbedingt glücklicher machen …

Manchmal ist es besser, wenn man sich an Vergangenes nicht erinnert. Das wissen wir aus wissenschaftlichen Studien, die das Vergessen als Feature des Gehirns erkannt haben, nicht als Fehler. Das wissen wir aus diversen Filmen, die damit beginnen, dass sich der Protagonist oder die Protagonistin mit schweren Gedächtnislücken auseinandersetzen muss, die meistens die Folge eines Unfalls oder einer traumatischen Erfahrung sind. Wenn der neue Netflix-Film Secret Obsession mit diesem im Thrillergenre so beliebten Szenario beginnt, dann bedeutet das in erster Linie also Bestätigung – gesetzt den Fall, man kann sich im Anschluss überhaupt noch daran erinnern.

Ich langweile mich
Denn was ebenfalls sehr bald deutlich wird: Secret Obsession ist so einfallslos und gewöhnlich, dass es schwierig ist, überhaupt etwas zu finden, das es sich über den Film zu sagen lohnt. Nicht dass es grundsätzlich verkehrt wäre, wenn die Hauptfigur nach und nach ihre Erinnerungen zurückgewinnt und sich dadurch selbst in Gefahr bringt. Nur sollte das im Idealfall mit einer Form von Spannung einhergehen. Doch so sehr man diese auch sucht oder herbeisehnt, sie ist letztendlich genauso dysfunktional wie Jennifers Gedächtnis. In anderen Worten: Der Thriller lässt genau den Thrill vermissen, den das Genre für sich beansprucht.

Eines der Hauptprobleme ist, dass der Film alles viel zu früh und viel zu plump erklärt. Eigentlich verrät der Titel zusammen mit der Eingangssituation bereits alles, was es über die Geschichte zu wissen gilt. Wem das nicht reicht, auf den warten Paletten von Zaunpfählen, mit denen gewunken werden. Es fehlen auch die Alternativen zu der offensichtlichsten Erklärung. Irgendetwas, das einen auf die falsche Spur führen könnte. Die Details kennt man als Zuschauer bzw. Zuschauerin natürlich nicht, braucht es aber auch nicht. Sie sind für Secret Obession nicht wichtig. Nicht einmal Peter Sullivan, der hier Regie führte und das Drehbuch schrieb, interessiert sich dafür.

Hochglanznichts auf zwei Beinen
Beispielsweise soll am Anfang mit einer Vorgeschichte der Entschlossenheit des Polizisten ein emotionales Fundament gegeben werden. Nur wird diese nie wirklich zu Ende erzählt, wird irgendwann sogar komplett vergessen und damit überflüssig. Schlimmer noch, es ist der einzige nennenswerte Versuch einer Charakterisierung. Bei den anderen Figuren verließ man sich darauf, dass eine attraktive Besetzung die mangelnde Tiefe wieder ausgleicht. Wer will nicht dabei zusehen, wie eine schöne Frau vor ihrer Vergangenheit davonläuft, oder davonhumpelt, selbst wenn sie sich dabei nicht wirklich helle anstellt?

Die einzelnen Szenen, wenn Jennifer genau das versucht, sind passabel. Mehr als die üblichen Genremomente sind Sullivan aber auch an der Stelle nicht in den Sinn gekommen. Meistens weiß man sehr genau, was als nächstes passieren wird, vom einen oder anderen over-the-top-Einfall einmal abgesehen. Zum Schluss darf es dann auch sehr kitschig werden. Wen das alles nicht stört, auch keine höheren Ansprüche an Glaubwürdigkeit stellt – von Anfang an ist das hier ziemlich dämlich –, der findet mit Secret Obsession ein bisschen Berieselungsschund, der allenfalls der Protagonistin weh tut. Erinnerungswürdig ist davon jedoch nichts, die rund anderthalb Stunden sollte man wirklich etwas Besseres zu tun finden.



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„Secret Obsession“ fängt mit dem typischen Szenario an, dass die Hauptfigur an Gedächtnisschwund leidet und erst nach und nach ihre düstere Vergangenheit rekonstruiert. Spannend ist das nicht: Dem Thriller fällt so gar nichts ein, was sich vom Genrealltag unterscheidet, er verrät seine Geheimnisse auch viel zu früh.
4
von 10