Eigentlich kümmert sich John Shaft Jr. (Jessie Usher) beim FBI ja um Fälle von Cyberkriminalität. Auf den Straßen unterwegs sein und ermitteln? Das ist weniger sein Metier. Doch als ein Freund von ihm an einer Drogenüberdosis stirbt, kann er nicht stillsitzen – irgendetwas stimmt da nicht bei diesem Tod. Also wendet er sich an seinen Vater (Samuel L. Jackson), der selbst als Privatdetektiv arbeitet und zu dem John nie viel Kontakt hatte. Ganz einfach ist diese Zusammenarbeit jedoch nicht, denn die Methoden und Ansichten der zwei sind viel zu unterschiedlich, um gemeinsame Sache zu machen. Von den persönlichen Konflikten ganz zu schweigen …
Und der neueste Beitrag für die Reihe „echt, da gibt’s noch ne Fortsetzung?“: Shaft. Während bei vielen Nachfolgern, die tagtäglich in die Kinos stolpern, die Idee dahinter zumindest plausibel ist, fragt man sich hier schon, wie man darauf gekommen ist. Die ersten beiden Teile aus den frühen 1970ern waren natürlich erfolgreich und genießen Kultstatus. Aber schon der 1973 nachgeschobene dritte Teil Shaft in Afrika interessierte niemanden mehr, auch das 2000 veröffentlichte Shaft – Noch Fragen? enttäuschte an den Kinokassen, trotz eines beachtlichen Budgets und Samuel L. Jackson in der Hauptrolle. Das schreit dann nicht unbedingt danach, es fast zwanzig Jahre später noch einmal zu versuchen.
Spätes Familientreffen
Dieses Mal soll des der Junior richten, gewissermaßen. Freunde der ersten vier Teile werden sich darüber freuen, dass es hier jede Menge Querverweise gibt. So ist eben nicht nur Jackson wieder mit von der Partie und darf den Stab an die nächste Generation weitergeben. Auch mit Richard Roundtree gibt es ein Wiedersehen, der in den 1970ern selbst die Rolle des Shaft übernahm und hier den Großvater mimt. Und natürlich hat sich klamottentechnisch wenig getan, der ikonische Mantel von anno dazumal kommt auch 2019 wieder zum Einsatz. Dieses Mal eben in mehrfacher Ausfertigung, um zusammen mit der Musik für Retroanklänge zu sorgen.
Leider ist das aber nicht das einzige Rückgewandte an dem Netflix-Film. Dass Gewalt hier als einziges patentes Mittel verkauft werden soll, das ist im Action-Genre natürlich keine Seltenheit. Wenn es für einen guten Zweck ist, darf man auch schon mal jemanden foltern. Wir sind ja schließlich in den USA. Irritierend ist jedoch, dass daraus auch noch ein Witz gemacht werden soll, frei nach dem Motto: Stell dich doch nicht so an! Denn am Ende gibt Shaft seinem älteren Protagonisten ja auch recht. Ohne diese Vorgehensweise würde hier niemand ans Ziel kommen. Zwar nimmt sich der Film dafür selbst ein wenig auf den Arm, in Frage stellt er diese Grenzüberschreitungen jedoch nicht.
Schaut her, ich bin böse!
Allgemein versucht Shaft unter dem Deckmantel der politischen Unkorrektheit, zahlreiche Anachronismen wiederauszugraben. Ob es nun Islamophobie bei Behörden ist oder schwulenfeindliche Sprüche, erlaubt ist hier alles. Gegen Provokation ist natürlich erst einmal nichts einzuwenden, Humor darf durchaus auch böser sein, um etwas zu erreichen. Aber nicht einmal das ist hier der Fall. Anstatt wie die Vorgänger Action mit sozialem Bewusstsein anzureichern, gibt es hier nur altbackenen Haudraufhumor, der sich gemein gibt, sich letztendlich aber nur nach der Vergangenheit sehnt, nach einfacheren Tagen, als man noch nicht darüber nachdenken musste, was man so sagt. Perfekt also für das neue Trump-Amerika, nur eben mit Schwarzen – was nicht einer gewissen Ironie entbehrt.
Wären diese Witze wenigstens lustig, könnte man das noch durchgehen lassen. Long Shot machte kürzlich vor, wie sich derber Humor und gesellschaftliche Aufmerksamkeit kombinieren lassen. Bei Shaft gibt es hingegen nur Langeweile. Ob es besagte Gags von anno dazumal sind, Samuel L. Jackson, der mal wieder nur eine Variante seiner Dauerrolle gibt, oder auch die Action-Szenen selbst, denen die Energie heutiger Filme fehlt: Die Rückkehr des schwarzen Action-Helden langweilt an allen Ecken und Enden. Am ehesten funktioniert Shaft noch als Buddy Komödie mit zwei grundverschiedenen Typen, die am Ende zusammenfinden müssen. Denn zumindest dem Junior ist bewusst, was der Vater da alles falsch macht. Aber selbst das hat man in unzähligen, oft auch besseren Varianten gesehen. Gebraucht hätte es diese Neuauflage nicht, sie ist jetzt schon völlig überholt.
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