Seit seinem letzten Konzert im Jahre 1969 gilt der Künstler Sun Ra als verschollen. In der Zwischenzeit hat er zusammen mit Angehörigen seiner Band sowie einem kleinen Gefolge die Weiten des Alls durchkämmt auf der Suche nach einem eigenen Planeten für alle Schwarzen, da nur so Frieden und Freiheit für diese gewährleistet sind. Als er schließlich fündig geworden ist, reist er zurück in die Zeit, um seine Brüder und Schwestern in den Vereinigten Staaten für seinen Plan und das neue Zuhause zu gewinnen. Jedoch wird sein Vorhaben durchkreuzt von dem zwielichtigen „Overseer“ (Ray Johnson), einem mächtigen Zauberer, der Sun Ra zu einem Kartenspiel herausfordert, dessen Ausgang das Schicksal der Schwarzen besiegeln soll. Schon nach wenigen Spielzügen gelingt es dem „Overseer“ die Glaubhaftigkeit Sun Ras zu hinterfragen, sodass es ihm schwerfällt, Unterstützer für sein Vorhaben zu finden. In seinem tiefen Glauben an die Macht der Musik setzt Sun Ra daher alles auf ein einziges Konzert, welches ihm helfen soll, seine Botschaft an alle Menschen mit schwarzer Hautfarbe zu transportieren.
A future for black people
Dank der Bestrebungen der deutschen Firma Rapid Eye können interessierte Zuschauer einen hochinteressanten Beitrag des afroamerikanischen sichten, der beweist, dass dies sich keinesfalls nur in Werken wie Foxy Brown, Super Fly oder der Shaft-Reihe erschöpfte. Nach einem Jahrzehnt, welches durch die Gewalt des Vietnamkrieges sowie Attentaten auf Hoffnungsträger wie Martin Luther King, Jr. oder Malcolm X geprägt war, erscheint Space Is the Place vor allem in soziokultureller Sicht als sehr provokativ. Vor dem Hintergrund aktueller Diskussionen um Gleichberechtigung und Polizeigewalt gegen Schwarze mutet der Befund, dass Schwarze einen eigenen Planeten brauchen vielleicht naiv an, demonstriert aber auch, wie wenig sich in diesen Bereichen in der US-amerikanischen Gesellschaft getan hat.
Die Kunstfigur Sun Ra inszeniert sich als Prophet der Afroamerikaner, dessen Heilsbotschaft die Möglichkeit eines Auswegs aus der durch Unfreiheit und Gewalt definierten Gesellschaft bietet. In einer an die berühmte Schachpartie aus Ingmar Bergman Das siebente Siegel erinnernden Szene wird über das Schicksal und damit die Zukunft der Schwarzen gespielt. Der in ägyptisch-futuristische Gewänder eingekleidete Sun Ra symbolisiert eine Form der Ursprünglichkeit, die eine besser Zukunft verspricht wohingegen die Figur des „Overseer“ jene durch Kapitalismus, Drogen und Verbrechen korrumpierte Menschen zeigt. Innerhalb der Logik dieser Parabel ist es der zentrale Konflikt vieler Schwarzer im Film gegen jenen destruktiven Einfluss anzukämpfen und jenen Pfad zu beschreiten, den Sun Ra anzubieten hat.
Fear of a Black Planet
Allerdings ist Space Is the Place keinesfalls als Thesenfilm ausgelegt, sondern vielmehr als eine Feier afroamerikanischer Kultur, vor allem der Musik. Selbst wenn der Plot einige Logiklöcher aufweist und nicht jede Wendung der Handlung gelungen scheint, liegt sehr viel Schönheit in der zentralen Metapher der Musik als essenzielles Transportmittel zu jenem Planeten, den Sun Ra für sich und seine Zuhörer auserkoren hat. Dies hat nichts mit purem Eskapismus zu tun, genauso wie mit den radikalen Thesen eines Malcolm X, sondern betont das Bewusst-Machen eben jenes Ursprungs und jenes Mutes an einer Zukunft festzuhalten. Die Musik Sun Ras unterstreicht dies, wohingegen das Skript, an dem der Musiker mitschrieb, die Angst der Weißen zeigt vor eben jenen Gedankenwelten. Wer weiß schon, welche Kraft in diesen steckt.
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