Winter 1636, es herrscht klirrende Kälte, es liegt tiefer Schnee in den Bergen. Und doch geht es heiß her in Korea, denn die Streitkräfte der Qing-Dynastie stehen vor den Toren und wollen das ganze Land unterwerfen. König Injo (Hae-il Park) und seine Männer haben sich weit zurückgezogen, bis in die Bergfestung Namhansanseong. Doch was nun? Die Vorräte werden knapp, der Feind ist ihnen zahlenmäßig weit überlegen. Während Berater Choi Myung-kil (Byung-hun Lee) auf eine friedliche Lösung drängt, pocht Kim Sang-hun (Yoon-seok Kim) auf einen Kampf um Leben und Tod, um so die Ehre des koreanischen Königs zu bewahren. Eine schwierige Entscheidung für den König, zumal ihnen die Zeit davonläuft und die Verzweiflung in der Bevölkerung stündlich wächst.
Historische Filme aus Fernost haben auch hierzulande eine treue Fangemeinde. Doch während chinesische Wuxia-Filme und Samurai-Epen aus Japan auf eine lange Geschichte zurückblicken können, sind vergleichbare Werke aus Korea rar gesät. Umso schöner, dass mit The Fortress nun ein solches vorliegt – wenn auch mit gehöriger Verspätung. Daheim kam der Film bereits im Oktober 2017 in die Kinos und lockte immerhin 3,8 Millionen Zuschauer an. Zum Vergleich: Das ist mehr als Phantastische Tierwesen: Grindelwalds Verbrechen und Avengers: Infinity War bei uns schafften, die beiden erfolgreichsten Filme des letzten Jahres. Und damit ein gutes Verkaufsargument für ein hiesiges Publikum, das vermutlich erst einmal wenig mit der Geschichte rund um die belagerte Festung anzufangen weiß.
Tragischer Wendepunkt der koreanischen Geschichte
In Südkorea ist das natürlich anders. Dort war die Invasion durch die verhassten Mandschuren ein Wendepunkt in der Geschichte, ein sehr trauriger Wendepunkt. Anders als viele historische Epen, die von vergangenen Schlachten reden, ist The Fortress ein sehr düsteres Werk, das auf plumpen Nationalismus verzichtet. Hier gibt es keine glorreichen Helden, die sich gegen eine barbarische Übermacht aufrichten und glorreich siegen. Nicht nur, dass die Belagerung in einem demütigenden Desaster endete, was dem Film von vornherein eine fatalistische Note gibt. Zudem ist es hier nicht so einfach zu sagen, wer denn nun gut, wer böse ist.
Im Mittelpunkt von The Fortress steht gar nicht so sehr der Kampf gegen die Invasoren, auch wenn es das alles überschattende Thema ist. Stattdessen rückt Regisseur und Drehbuchautor Dong-hyuk Hwang den Konflikt innerhalb der Reihen in den Fokus. Ruhmreich zugrundegehen oder in Schande weiterleben, das ist eine Frage, die sich gar nicht so leicht beantworten lässt, auch weil Choi die insgesamt sympathischer gezeichnete Figur ist. Das macht die Glorifizierung des unbedingten Kampfes schwieriger. Hwang gelingt es darüber hinaus, beide Positionen plausibel vorzuführen, mit ihren jeweiligen Argumenten dafür und dagegen.
Großartige Bilder einer vergangenen Zeit
Trotz des tragischen Dilemmas, das dem Film zugrundeliegt und ausführlich diskutiert wird, zu den Waffen gegriffen wird natürlich auch. Die Kämpfe bringen auch die notwendige Menge an Epik mit, wenn in Massenschlachten aufeinander eingestochen wird. Aber auch in den ruhigeren Momenten gibt es eine ganze Menge zu sehen. Die Aufnahmen des eingeschneiten Koreas sind ein Fest fürs Auge, historische Kulissen und die bekannten Kostüme von anno dazumal schaffen eine wunderbare Atmosphäre für Fans eben solcher fernöstlicher Geschichtsstunden. Untermalt werden diese fantastischen von einem zurückhaltenden Score des japanischen Altmeisters Ryuichi Sakamoto (Oscar für Der letzte Kaiser).
Wie so oft bei dieser Art Film ist die Laufzeit etwas zu großzügig angelegt, knapp 140 Minuten hätte es für die Geschichte nicht gebraucht. Dafür tut sich dann doch zu wenig, die Beratungen kreisen um die ständig gleichen Themen. Und auch bei den Personen ist Stillstand angesagt, da begnügt sich Hwang mit wenigen Charakterzügen, die den ganzen Film über halten müssen. Man sollte es also gerade nicht unbedingt eilig haben, wenn man The Fortress einlegt und sich darauf einstellen, dass es längere Ruhephasen gibt. Ein Faible für solche Werke oder auch Interesse an fernöstlicher Kultur vorausgesetzt, gibt es aber genügend Gründe, warum man hier einmal vorbeischneien kann.
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