Den letzten Kampf konnten die alten Götter unter der Führung von Mr. Wednesday (Ian McShane) für sich entscheiden. Doch der Krieg gegen die neuen Götter hält unbeirrt an. Während sich Wednesday, Shadow Moon (Ricky Whittle), dessen untote Frau Laura (Emily Browning) und Mad Sweeney (Pablo Schreiber) mit anderen alten Göttern treffen, um das weitere Vorgehen zu besprechen, ist die Gegenseite nicht untätig. So sinnt Mr. World (Crispin Glover) auf Rache und schmiedet bereits an eigenen Plänen, wie er die Fähigkeiten seinesgleichen im Kampf anwenden und seine Feinde treffen kann.
Wenn Bryan Fuller eine neue Serie konzipiert, dann kann man sich immer auf zwei Dinge verlassen. 1. Das Ergebnis ist fantastisch, oft stylisch und skurril, kaum mit etwas zu vergleichen, was es da draußen gibt. 2. Nach einer, spätestens zwei Staffeln kommt es zu Problemen und die Serie wird abgesetzt. Manchmal verlässt er die Serie auch. Hannibal war hier die Ausnahme mit immerhin drei Staffeln, die er umsetzen konnte. Ansonsten besteht sein Resümee aus Werken wie Dead Like Me, Pushing Daisies oder zuletzt Star Trek Discovery, die allesamt mit Problemen zu kämpfen hatten, aber eben auch Kultstatus genießen.
Tag eins nach dem Chaos
American Gods ist das aktuellste Beispiel dafür, dass Fuller großartige Visionen hat, die sich aber nur schwer mit dem Serienalltag in Einklang bringen lassen. Nachdem die Adaption von Neil Gaimans gleichnamigen Roman in der ersten Staffel von gnadenlosen Budgetkämpfen geprägt war, die Einschaltergebnisse aber nicht den Erwartungen entsprach, sollte bei der Fortsetzung billiger produziert werden. Das Ergebnis: Fuller stieg aus, sein Co-Showrunner Michael Green ebenfalls, schlussendlich folgten ihnen die Schauspielerinnen Gillian Anderson und Kristin Chenoweth. Und damit war das Chaos am Set noch nicht einmal vorbei. Jesse Alexander, der stattdessen als Showrunner fungieren sollte, musste auch vorzeitig gehen.
Entsprechend skeptisch war das Publikum dann auch im Vorfeld. Kann die Serie überhaupt noch funktionieren, wenn die kreative Leitung mittendrin das Handtuch wirft und auch am Budget gespart werden soll? Die Antwort lautet „ja“, wie die inzwischen erhältliche zweite Staffel beweist. Es ist allerdings ein „ja“ mit Einschränkungen. Dass Anderson weg ist, ist inhaltlich nicht weiter tragisch. Ihr Ersatz wird zwar etwas umständlich eingeführt, erfüllt aber seinen Zweck. Schlimmer ist schon, dass durch Chenoweths Fehlen das grandiose Ende von Staffel eins praktisch nicht mehr aufgegriffen werden kann. Dafür sind fast alle anderen Darsteller wieder mit von der Partie, allen voran Ian McShane als undurchsichtiger und schrecklich manipulativer Gott des Donners.
Die gehören aber nicht zusammen, oder?
Und ohnehin: An Figuren mangelt es American Gods sicher nicht. Ein großer Teil des Reizes besteht darin, wie hier die unterschiedlichsten Götter zusammengeführt, aus allen Ecken dieser Erde, aus den verschiedensten Zeitaltern. Ein Mashup, das so absurd ist, dass man allein deshalb schon dranbleibt, um zu sehen, welche Kombinationen wohl als nächstes dran sind. Damit einher geht das dadurch satirisch aufzufassende Gleichnis, dass elektronische Geräte oder neue Medien die Götter von einst ersetzt haben. Dinge bzw. Einheiten, denen die Menschen mehr Aufmerksamkeit schenken als ihrem konkreten Umfeld. Die Serie kann sich auch den kleinen Seitenhieb nicht verkneifen, dass in Amerika der mächtigste Gott von allen das Geld ist. Auch wenn die Geschichte hinter der Serie schon älter ist, der Roman erschien bereits 2001: American Gods ist problemlos als Kommentar auf die aktuelle Gesellschaft zu verstehen.
Ganz konsequent ist die Serie dabei jedoch nicht. Allgemein darf man hier auch zweifeln, ob überhaupt ein konkreter Plan bei der Geschichte besteht. War das Umherreisen und Suchen von Verbündeten in der ersten Staffel noch zu vertreten, als Teil des sich anbahnenden Krieges, da verzettelt sich die zweite Staffel mit der Zeit. Eine richtige Entwicklung ist kaum auszumachen, die Haupthandlung kommt kaum vom Fleck – auch weil American Gods zwischenzeitlich den Blick zurückwirft und lieber Vorgeschichten erzählt anstatt weiterzumachen. Zusammen mit der teilweise doch zurückgeschraubten Optik ist das hier deshalb schon ein klarer Rückschritt. Und doch: Spaß macht die Serie noch immer, wird hin und wieder schön surreal. Da trifft es sich doch gut, dass eine dritte Staffel bereits angekündigt und dieses Mal hoffentlich mit weniger Ärger verbunden ist.
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