Im Moment geht bei Georgy N. Safronov (Kirill Kyaro) schief, was auch nur schief gehen kann. Schlimm genug, dass seine Ex Alla (Olga Lomonosova) einen neuen Kerl hat, mit dem sie nach Australien auswandern will. Nein, sie ist auch fest entschlossen, die beiden gemeinsamen Kinder Egor (Eldar Kalimulin) und Sonja (Vitaliya Kornienko) mitzunehmen. Und dann auch noch das: Als dem Gerichtsmediziner eine Leiche vorgelegt wird, ist Georgy sofort klar, dass da etwas nicht stimmt. Das kann kein Unfall gewesen sein. Womit er auch recht hat, denn der Mann wurde zuvor von der schönen Roboterfrau Arisa (Paulina Andreeva) getötet. Und ausgerechnet die wird kurze Zeit später von Sonja gefunden und mit nach Hause genommen. Zeitgleich sucht deren Besitzer Viktor Toropov (Aleksandr Ustyugov) fieberhaft nach dem neuen Wunderwerk, verspricht sich der Chef eines Technologieunternehmens doch, jede Menge Geld mit diesem zu verdienen.
Die Angst existiert natürlich schon länger, gerade bei einfachen Arbeitern: Was, wenn wir in Zukunft alle durch Technik ersetzt werden? Wenn unsere Jobs nun Roboter machen? Während gewisse Politiker ganz gut davon leben können, solche Zivilisationsängste für sich zu nutzen, ist der Zustand bei Better Than Us längst eingetreten. Viele Positionen, ob nun Chauffeur oder Butler, wurden durch sogenannte Bots ersetzt. Bei der russischen Netflix-Serie dürfen diese menschenähnlichen Maschinen ihre Besitzer aber auch längst im Bett erfreuen. Sex mit Robotern ist möglich, ist erlaubt und gilt – je nach Auslegungssache – nicht einmal als Betrug an der eigenen Ehefrau!
Technikangst und persönliches Drama
Nach nur wenigen Minuten ist die Marschrichtung von Better Than Us klar: Die Serie will sich mit unserer Technikabhängigheit auseinandersetzen, das Verhältnis von Mensch und Maschine in Frage stellen. Das haben natürlich viele schon getan. Das grundsätzliche Thema hier ist alles andere als zukunftsweisend, sondern gehört vielmehr zum Grundstock des Science-Fiction-Genres, aus dem sich weltweit viele bereits bedient haben. Wenn überhaupt, dann sind es Kleinigkeiten, die uns verraten, dass wir es mit einer aktuellen Produktion zu tun haben. Dass Arisa beispielsweise die Kopie eines chinesischen Roboters sein soll, darüber darf man angesichts des recht freizügigen Umgangs mit Copyrightmaterial im Reich der Mitte schon einmal schmunzeln. Es zeigt aber auch, in welche Richtung sich die aktuelle Forschungshierarchie bewegt.
Better Than Us will aber nur zum Teil über das grundsätzliche Thema der Automatisierung und der Perfektionierung künstlicher Intelligenzen nachdenken. Die Serie ist gleichzeitig ein Familiendrama. Die Geschichte um ein Ex-Paar, das sich um die Kinder streitet, nimmt einen ebenso großen Platz in der Handlung ein wie die futuristischen Aspekte. Zumal die Drehbuchautoren auch drumherum an jeder Menge persönlicher Dramen gewerkelt haben. Da sind zwei Geschwister, die ohne Eltern aufwachsen mussten, Eltern, die ihr Kind verloren haben. Und dazwischen ein Jugendlicher, der durch die typische rebellische Phase geht und alles dafür tun würde, von seinem Traummädchen beachtet zu werden.
Und jetzt noch mal von vorne …
Wer angesichts des mörderischen Einstiegs auf coole Robo-Action mit einer Badass-Frau gefreut hat, der wird nur teilweise glücklich. Brenzlig wird es zwar immer wieder mal, es wird auch nicht bei dieser einen Leiche bleiben. Wie auch, wenn der Chef eines mächtigen Unternehmens ebenso manipulativ wie skrupellos ist und unzählige Schergen befehligt? Doch dazwischen gibt es viele sehr ruhige Phase. Zu viele sogar: Mit 16 Folgen à 50 Minuten ist die erste Staffel von Better Than Us viel zu üppig angelegt. Oftmals dreht sich die Geschichte im Kreis, weder bei den zwischenmenschlichen Beziehungen noch den Konfrontationen tut sich etwas Nennenswertes. Lediglich Arisa macht eine Wandlung durch, wenn sie mit der Zeit immer mehr menschliche Züge entwickelt – mit teils kuriosem Ergebnis.
Doch trotz der spürbaren Längen, die sich ab der Mitte immer mehr häufen: Better Than Us ist sicher einer der interessanteren Serien, die Netflix zuletzt eingekauft hat. Die visuellen Spielereien halten sich zwar in Grenzen und beschränken sich oft auf Hologramme oder in den Unterarm integrierte Kommunikationsmittel – im Russland der Zukunft braucht es keine externen Geräte mehr. Aber es reicht doch aus, um eine futuristische Atmosphäre zu erzeugen. Und auch das Ineinandergreifen der figurenbezogenen und gesellschaftlichen Elemente funktioniert ganz gut, die Charaktere sind besser ausgearbeitet, als man es in dem Bereich gewohnt ist. Manchmal neigt die Geschichte ein bisschen zur Seifenoper, die Leute stehen sich hier auch ganz gern mal selbst im Weg, sind nicht bis ins Kleinste nachvollziehbar. Aber es ist doch ganz unterhaltsam, ihnen dabei Gesellschaft zu leisten, wie sie sich gegenseitig immer wieder in den Rücken fallen und Allianzen ebenso brüchig sind wie der menschliche Körper, sobald Arisa mal Hand angelegt hat.
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