Congo Calling
© Daniel Samer

Congo Calling

„Congo Calling“ // Deutschland-Start: 22. August 2019 (Kino)

Es reicht nicht einfach nur ein bisschen Symptomen herumzudoktern, wird immer wieder betont, wenn es um es um das problematische Thema der Flüchtlinge geht – sofern überhaupt darüber nachgedacht und nicht nur geschimpft wird. Wichtiger ist es doch, die Ursachen zu bekämpfen, weshalb Menschen ihre Heimat verlassen, um woanders eine neue Existenz zu beginnen. Wenn wir ihnen daheim ein gutes Leben ermöglichen, so der Gedanke, dann gäbe es keinen Grund mehr für sie, zu uns kommen zu wollen. Das klingt vernünftig. Das klingt pragmatisch. Das klingt auch irgendwie einfach.

Und doch: Einfach ist das nicht, wie der Dokumentarfilm Congo Calling aufzeigt. In diesem folgen wir mehreren Entwicklungshelfer*innen, die in der Demokratischen Republik Kongo unterwegs sind, jeweils mit dem Traum im Herzen, dort einen echten Unterschied machen zu können. Das Land hätte dies auch bitter nötig, trotz reicher Rohstoffvorkommen zählt der Staat in Zentralafrika zu den ärmsten der Welt. Bürgerkriege und Korruption haben den Menschen zugesetzt, tun es zum Teil noch immer. Zwar trägt die Nation stolz die Bezeichnung Demokratie im Titel. Aber das ist reine Fassade, Menschenrechte werden dort höchstens zufällig mal geachtet.

Viel Geld, wenig Ahnung
In einem solchen Umfeld etwas ändern zu wollen, ist daher dringend notwendig, aber eben auch verdammt schwierig. Einfach nur Geld hineinzupumpen, bringt nichts. Das kommt tendenziell dann doch eher woanders an als gedacht. Aber auch die Hilfe direkt vor Ort stößt immer wieder an ihre Grenzen. Und damit auch die willigen Helfer*innen, die Jahre, teils Jahrzehnte dem afrikanischen Land gewidmet haben. Die Gründe für die Fehlschläge sind dabei vielfältig, reichen von Ignoranz über Inkompetenz bis zu ganz generellen Problemen. Wer beispielsweise nur einigen hilft, der sorgt für ein Ungleichgewicht. Allen gleichmäßig zu helfen, ist wiederum zu teuer.

Was also tun? Eine Antwort darauf bietet der Film nicht. Regisseur Stephan Hilpert hält sich allgemein mit Erklärungen oder auch Kontexten zurück. Anstatt dem Publikum hilfreiche Einleitungsworte mit auf die Reise zu geben, lässt er dieses mitten im Kongo aus. Antworten muss es dort selbst finden, teilweise auch die Fragen. Das ist mutig, riskiert er doch, die Zuschauer und Zuschauerinnen mit der komplexen Thematik erst einmal zu überfordern. Auch wer die einzelnen Leute sind, die er immer wieder vor die Kamera holt, muss man sich erst erarbeiten.

Verloren in guten Absichten
Leicht macht es Congo Calling, das unter anderem beim Max Ophüls Preis 2019 zu sehen war, auf diese Weise natürlich nicht. Aber dieses empfundene Chaos, verbunden mit einer leichten Hilflosigkeit, passt doch recht gut zum Thema. Der Dokumentarfilm fordert einen heraus, sich tatsächlich mit der Materie auseinanderzusetzen und die verschiedenen Aspekte kennenzulernen. Die Geschichte anhand der Helfer aufzuziehen anstatt der Leute vor Ort, ist deshalb auch nicht so fragwürdig, wie es zunächst erscheint. Indem wir durch die Augen eines Außenseiters draufblicken – und das sind die Helfer*innen trotz bester Absichten –, werden wir uns unserer eigenen Grenzen stärker bewusst.

Es tut dem Film zudem ganz gut, der Thematik eine persönliche Note zu verleihen, anstatt sie im Abstrakten zu belassen. Die Hilfe an sich stellt Congo Calling dabei gar nicht mal in Frage. Auch hier gibt sich der Dokumentarfilm distanziert, entscheidet sich weder dafür noch dagegen. Dadurch lädt er natürlich zu weiteren Diskussionen ein, über Sinn und Unsinn, über Möglichkeiten und Unmöglichkeiten eines solchen Projekts. Er betont die Dringlichkeit des Handelns, appelliert an das Verantwortungsgefühl. Und macht doch wenig Hoffnung darauf, dass wir in absehbarer Zeit mehr als Symptombekämpfung machen können.



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„Congo Calling“ nimmt uns mit in den Kongo, wo verschiedene Entwicklungshelfer*innen an ihren Ansprüchen und der Realität verzweifeln. Der Dokumentarfilm spart dabei mit Erklärungen und Lösungsansätzen, sondern zeigt vielmehr anhand persönlicher Schicksale auf, wie schwierig es sein kann, anderen zu helfen – trotz bester Absichten.