Dazed and Confused
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Dazed and Confused

Dazed and Confused
„Dazed and Confused“ // Deutschland-Start: 22. August 2019 (Mediabook)

1976, die Sommerferien stehen an. Das bedeutet: feiern, feiern, feiern. Der Ort ist eigentlich egal, Hauptsache, es gibt genügend Bier für alle. Dabei sind nicht alle in großer Feierlaune. Die Neuankömmlinge an der Lee High School in einem Vorort von Austin, Texas müssen sich nämlich auf eine Vielzahl von Schikanen gefasst machen, welche die Älteren für sie ausgedacht haben. Dabei spielt es auch keine Rolle, ob nun Junge oder Mädchen, mit dem Frischfleisch kann man immer seinen Spaß haben. Andere ziehen hingegen umher, spielen Pool oder hören Musik, während eine Nacht heranbricht, die keiner von ihnen wieder vergessen wird …

Seit seinem Regiedebüt vor über 30 Jahren hat Richard Linklater nicht nur eine Vielzahl von Filmen gedreht, sie waren oft auch sehr unterschiedlich. Und doch, einige Themen und Motive finden sich immer wieder in den inzwischen über 20 Werken des Filmemachers. Die Beschäftigung mit der Vergangenheit beispielsweise, aber auch das Thema des Erwachsenwerdens und der Wandel der Zeit. Die berühmtesten Beispiele hierfür sind sicher die über 18 Jahre angelegte Trilogie, die mit Before Sunrise begann, sowie das Coming-of-Age-Drama Boyhood, das Linklater über einen Zeitraum von 12 Jahren drehte – eine Geschichte in Echtzeit sozusagen.

Bekannte Gesichter in jungen Jahren
Ganz so ambitioniert war er 1993 noch nicht, als sein dritter Film Dazed and Confused erschien. So richtig viel Aufmerksamkeit erreichte er hiermit seinerzeit auch nicht, die Kosten wurden nicht wirklich wieder eingespielt. Das ist aus heutiger Sicht erstaunlich, liest man sich einmal die Besetzungsliste durch. In der inzwischen zum Kultfilm avancierten Komödie tummeln sich immerhin Leute wie Ben Affleck, Milla Jovovich und Matthew McConaughey. Doch zum einen erlangten diese Publikumslieblinge erst später Berühmtheit. Zum anderen ist es nicht ganz einfach bzw. ehrlich, mit ihnen Werbung für den Film zu machen. Denn dafür sind sie nicht prominent genug eingesetzt.

Dieses Schicksal teilen sie aber mit allen anderen Darstellern und Darstellerinnen. Linklater verzichtete auf eindeutige Protagonisten und Identifikationsträger. Dazed and Confused ist ein Film, der sehr nahe an den Figuren dran ist, jedoch niemanden in den Mittelpunkt rückt. Es ist nicht einmal möglich zu sagen, wer aus dem über 20 Namen umfassenden Ensemble denn nun Hauptrolle und wer Nebenrolle ist. Das tun zu wollen, kommt einem Dartspiel mit einer sich drehenden Scheibe gleich. Sicher, treffen wird man da schon irgendwas. Nur ist das Ergebnis willkürlich, würde niemandem wirklich gerecht.

Zeitloses Zeitporträt
Aber auch beim Inhalt wird Dazed and Confused nicht konkret und fokussiert. Linklater ging es hier weniger darum, eine Geschichte zu erzählen, verbunden mit einer klar identifizierbaren Handlung. Vielmehr gibt er hier die Stimmung wieder, die an diesem einen Tag bzw. dieser einen Nacht herrscht. Das ist gleichzeitig eine universelle Komödie über das Erwachsenwerden, über Träume und Erwartungen, über das Scheitern und Verlieren, wie auch ein Zeitporträt. So wie der Regisseur und Drehbuchautor vor einigen Jahren in Everybody Wants Some!! die frühen 1980er porträtierte, da erinnert er sich hier an seine eigene Jugend Mitte der 70er zurück. Das greift Themen der Welt- bzw. US-amerikanischen Geschichte auf, die zumindest beiläufig das Leben der Jugendlichen beeinflussen. Der Film versteift sich aber nicht darauf.

Der Verzicht auf Hauptfiguren macht Dazed and Confused natürlich etwas schwerer zugänglich als andere Filme, die von dem Leben junger Menschen erzählen. Man fühlt nicht ganz so sehr mit. Und doch ist das Werk, das hierzulande früher als Confusion – Sommer der Ausgeflippten verkauft werden sollte, auf seine ganz eigene Weise fesselnd. Man ist gerne mit den Figuren unterwegs, während sie sich selbst suchen oder einfach ihren Spaß haben wollen. In einer Nacht, in der zwar manches nicht so klappt wie gedacht, in der dennoch alles möglich scheint, die Jugendlichen den Moment genießen, während sie zeitgleich schon wieder hinüberschauen zum Horizont und zu einer Zukunft, die da irgendwo auf sie wartet.



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„Dazed and Confused“ erzählt von Jugendlichen, die zu Beginn der Sommerferien ihren Spaß haben möchte. Das ist keine der üblichen Partykomödien, sondern vielmehr das stimmige Porträt einer Jugend wie auch einer Zeit. Auf eine herkömmliche Handlung muss das Publikum verzichten, ebenso auf klar zu identifizierende Hauptfiguren. Dafür gefällt der Film durch seine unaufgeregte Authentizität und der Darstellung eines Zwischenstadiums, in dem noch nichts eindeutig ist, alles irgendwie möglich erscheint.
8
von 10