Les parapluies de Cherbourg Die Regenschirme von Cherbourg

Die Regenschirme von Cherbourg

Les parapluies de Cherbourg Die Regenschirme von Cherbourg
„Die Regenschirme von Cherbourg“ // Deutschland-Start: 12. November 1965 (Kino) // 22. August 2019 (DVD/Blu-ray)

In der beschaulichen Küstenstadt Cherbourg im Norden der Normandie besitzen Madame Emery (Anne Vernon) und ihre Tochter Geneviève (Catherine Deneuve) einen kleinen Laden, in dem sie bunte Regenschirme verkaufen. Geneviève liebt Guy (Nino Castelnuovo), ein Automechaniker, der in selbiger Stadt arbeitet und bei seiner Patentante Élise (Mireille Perrey) lebt. Da seine Tante jedoch krank ist, kümmert sich zusätzlich die Haushaltshilfe Madeleine (Ellen Farner) um sie. Und die ist wiederum ebenfalls schwer in Guy verliebt, hält sich aber noch zurück. Geneviève und Guy führen indes eine Beziehung, die von Madame Emery nach wie vor nicht gut geheißen wird. Ihr wäre es lieber, wenn sich ihre Tochter doch für Roland (Marc Michel), den reichen Diamantenhändler, entscheiden würde. Für das Pärchen steht aber fest, sie wollen heiraten. Dann allerdings wird Guy für den Algerienkrieg einberufen und ihre Zukunft steht auf dem Spiel …

Die Regenschirme von Cherbourg ist ein Melodram von Jacques Demy (Die Mädchen von Rochefort), dass 1964 in Cannes die Goldene Palme gewann, aber auch außerhalb des Festivals großen Erfolg verbuchen konnte und bis heute ein gefeierter Klassiker ist. Auch deshalb wird der Film nun farblich und im Ton restauriert neu für das Heimkino zur Verfügung gestellt.

Alles halb so wild
Tatsächlich aber ist Handlung schnell erzählt. Dennoch kann der Film mit der kleinen fast kitschigen Romeo und Julia ähnlichen Geschichte punkten. Da wäre Geneviève als Tochter einer Mutter, die sich einen reicheren Schwiegersohn wünscht und nicht den Automechaniker Guy. Und wir haben die gemeinsam geplante Heirat, mit der sie sich dem elterlichen Willen widersetzen. Das mag vielleicht im ersten Moment altbacken klingen, zeigt sich aber nach wie vor relevant, da Beziehungen auch heute noch von Eltern beeinflusst werden, um einen gewissen sozialen Status aufrecht zu erhalten oder der erlangt werden soll. Sicherlich ist der Konflikt in der verregneten Küstenstadt in der Darstellung nicht so gravierend und emotional oftmals weniger erschütternd, als man es aus anderen Filmen kennt. Keine der Situationen kann dramaturgisch einen Höhenpunkt aufbauen, denn nichts erscheint unlösbar oder dem Weltuntergang nahe.

Das liegt mit unter auch daran, dass jegliche Dialoge, jedes einzelne Wort in diesem Film im Rezitativ vorgetragen werden. Vorrangig heute nur noch in der Oper anzutreffen, wirkt diese Art Sprechgesang oftmals etwas befremdlich. Wenn also Madame Emery ihrer Tochter mit einem Lächeln auf den Lippen singend entgegenbringt, sie möchte doch Guy nicht wieder sehen, ist das stilistisch für die Gesamtheit des Films zwar passend, nimmt aber in gewisser Weise ein Stück Ernsthaftigkeit und das Drama aus den Situationen. Ist man mit dem Stil nicht vertraut, kann sich das als kleines Problem für Die Regenschirme von Cherbourg gestalten.

Lasst uns singen!
Einige Dialoge wirken dadurch schlichtweg oft sehr seltsam und arhythmisch. Besonders wenn es dabei um die Nebenhandlungen geht, die ausschließlich der Szeneneinführung dienen – beispielsweise die Frage an Guy, ob er das Auto eines Kunden reparieren kann. Dass aber auch der nicht-melodische Teil der gestalterischen Freiheit innerhalb des Sprechgesanges ist, sollte man in dem Fall idealerweise vorher wissen, um nicht ganz irritiert vor den ersten Minuten des Films zu sitzen. Trotzdem braucht es fürs ungeübte Ohr eine relativ lange Eingewöhnungszeit, um sich damit wirklich anfreunden zu können.

Trotz dieser schwierigen Eingewöhnung ist Die Regenschirme von Cherbourg ein gelungenes Musical, das am Ende mit der Geschichte zweier junger Menschen und der Schwierigkeiten ihrer Liebe zu überzeugen weiß. Und das vielleicht auch, weil es zeigt, dass eine verwehrte Liebe nicht bedeutet, nie glücklich zu werden.



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„Die Regenschirme von Cherbourg“ ist ein kurzweiliges, schön anzusehendes, romantisches Musical, welches zwar nicht ganz ohne Herzschmerz auskommt, aber durch die Gestaltung nicht allzusehr ins Dramatische abrutscht. Ein Klassiker, den man wenigstens einmal gesehen haben sollte.
6
von 10