Extremely Wicked Shockingly Evil and Vile
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Extremely Wicked, Shockingly Evil and Vile

Extremely Wicked Shockingly Evil and Vile
„Extremely Wicked, Shockingly Evil and Vile“ // Deutschland-Start: 4. Juli 2019 (DVD/Blu-ray)

Eine Geschichte wie aus einem Film: Die alleinerziehende Liz (Lily Collins) lernt ihren scheinbaren Traummann in einer Bar kennen und erliegt dessen Charme binnen weniger Atemzüge. Ein Mann, der morgens Frühstück macht, das Kind hütet und ihr endlich wieder das Gefühl gibt, geliebt zu werden. Das Familienglück scheint perfekt, bis er eines Tages verhaftet wird. Keine unbezahlten Parktickets oder Tempoüberschreitungen. Stattdessen wird er beschuldigt, eine ganze Serie an Frauenmorden begannen zu haben. Das polizeilich aufgesetzte Täterprofil sieht ihm erschreckend ähnlich, die Beweislast wird mit jedem weiteren Detail umso erdrückender, aber Liz hält an seiner Unschuld fest. Es kommt zum Prozess, zur Flucht, zur Festnahme, zur Flucht, zu weiteren Morden. Alles im stetigen Scheinwerferlicht des lauernden Medienzirkus. Ob unschuldiges Opfer einer staatlichen Hexenjagd oder skrupelloser Serienkiller im Prinzenpelz. Sein Name: Ted Bundy (Zac Efron).

Ein Fall wie kein Zweiter
Charmant, intelligent und gutaussehend. Hier wird nicht der nächste TV-Bachelor beschrieben, sondern Ted Bundy, der bis heute einer der bekanntesten Serienmörder Amerikas ist, zwischen 1974 und 1978 über 30 junge Frauen angegriffen, vergewaltigt und ermordet haben soll und schließlich auf dem elektrischen Stuhl hingerichtet wurde. Mit dem Trailer zum Film folgten die ersten Aufschreie. Ein Serienmörder als Mann des Volkes, als Ritter der Herzen und Unschuldslamm im Auge des korrupten Vater Staat. Nein, nein, nein, das kann nicht sein.

Doch, kann es! So grausam die eigentlichen Details der Mordserie auch gewesen sind, Bundys gekonnte Selbstinszenierung ließ viele darüber hinweg schauen, während er die Herzen jener jungen Frauen, die ihn am meisten fürchten sollten, im Gerichtssaal höher schlagen ließ und ihm die Medien aus der Hand fraßen. Nun kehrt er nach all den Jahren im 16:9 Format zurück. Ein Mann, der das Scheinwerferlicht und die damit verbundene Aufmerksamkeit liebte. Man könnte meinen, dass man gerade so jemanden nicht die Genugtuung gibt, seine Geschichte auf der großen Leinwand zu verewigen. Zu groß ist jedoch die Faszination vor dem Unbegreiflichem.

Kann sie ihm glauben?
Aus Sicht von Liz Kendall, der damaligen Langzeitfreundin von Ted, will man der bekannten Handlung eine neue Perspektive einverleiben. Gerade sie steht zwischen den Fronten. Auf der einen Seite ihr geliebter Teddy, die Liebe ihres Lebens und auf der anderen, eine erdrückende Anzahl an Beweisen, die ihn in ein für sie unbekanntes, blutrotes Licht tauchen. Die eigentliche Wahrheit liegt irgendwo vergraben, aber ist sie stark genug, danach zu suchen? Es folgt ein Tauziehen der Gefühle: Ted, der an ein gemeinsames Morgen auf freiem Fuße glaubt und die Polizei, die ihr stetig neue Details zu den vermeintlichen Taten aufbahrt. Obendrauf kommen die altbekannten Highlights aus Prozess, Flucht und Fahndung, welche die Geschehnisse mundgerecht aufbereiten, um auch dem letzten Unwissenden Terror-Teds wahres Gesicht zu offenbaren.

Aus dokumentarischer Sicht, mag man sich sehr nah an die bestehenden Quellen halten. Aus filmischer fehlt die eigene Note und der stilistische Stempel, der es von einer Dokumentation wie z.B. einem Ted Bundy: Selbstporträt eines Serienmörders unterscheidet. Bekannte Schauspieler wie Zac Efron (Greatest Showman) und Lily Collins (Tolkien) in den Hauptrollen, sowie Jim Parsons (Hidden Figures), John Malkovich (Bird Box) und Metallica Frontmann James Hetfield in den Nebenbesetzungen sind nett anzusehen, lösen das Problem jedoch nicht.

Viel Mühe um nichts
Regisseur Joe Berlinger mag zwar ein alter Hase im Geschäft des bewegten Flimmerbilds sein, Spielfilme macht er allerdings nur selten. Sein tägliches Brot besteht hauptsächlich aus Dokumentationen, die ihm in der Vergangenheit den ein oder anderen Award oder zumindest die Nominierung für einen solchen einbrachten. Anders kann man sich das blasse Endergebnis nicht erklären. Ted Bundys Lebensgeschichte ist bereits ein real gewordener Hollywoodfilm, den man so wohl nicht hätte spannender schreiben können. Trotzdem fehlt dieser Adaption jeglicher Neuansatz, jeglicher fundierter Blick hinter die Kulissen, jegliche Qualität, deren Inhalt man sich mit Hinblick auf den beinahe zweistündigen Kaugummistreifen getrost aus dem nächstbesten Wikipediabeitrag zusammenlesen kann. Langweilig, einfallslos und schlichtweg zu „sicher“ werden die spitzen Details des Falls mit schauspielerischer Präzision abgestumpft und im letztendlichen Schnitt für den Zuschauer unkenntlich gemacht. Das Ergebnis ist ein dürres Brachland der cineastischen Filmerie. Geschieht Ted Bundy wohl recht …



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Wer sich für den Fall interessiert, dürfte mit YouTube-Videos, Artikeln und Dokumentationen besser beraten sein. Filmfans suchen hier ebenfalls vergebens nach dem abendlichen Popcornhit für die eigenen vier Wände. Faktisch nett, hat der Streifen darüber hinaus wenig bis gar nichts zu bieten und enttäuscht leider bis zu Letzt mit seiner allumfassenden Einfallslosigkeit.
5
von 10