Freunde? Die hat die 11-jährige Lotta Petermann (Meggy Hussong) eigentlich genug. Schließlich hat sie Cheyenne (Yola Streese), die beste Freundin, die man sich vorstellen kann. Außerdem ist da noch Paul (Levi Kazmaier), der Dritte in ihrem Club Wilde Kaninchen. Für die arrogante Mitschülerin Berenike (Laila Ziegler) hat Lotta hingegen nur Spott übrig. Als die jedoch eine große Party schmeißt und nur Lotta und Cheyenne nicht einlädt, können die beiden das nicht so ohne weiteres auf sich sitzen lassen. Irgendwie müssen die es auch auf die Party schaffen, ist doch klar! Ganz so einfach wie gedacht ist das aber nicht, wie sie bald feststellen. Dauernd geht etwas schief, am Ende riskieren sie sogar, ihre Freundschaft aufs Spiel zu setzen …
Das Leben als junger Mensch kann so aufregend sein, so bunt. Zumindest wenn es nach Neele Leana Vollmar geht. Als die Regisseurin sich an die Arbeit machte, die erfolgreiche Kinderbuchreihe Mein Lotta-Leben von Alice Pantermüller für die große Leinwand zu adaptieren, da begnügte sie sich nicht allein mit der wörtlichen Umsetzung. Da mussten schon noch ein paar Symbole her, welche die Geschichte noch etwas stärker visualisieren, ein bisschen wie in Die Mitte der Welt. Und so lässt sie kleine Noten durch die Luft fliegen, wenn musiziert wird, imaginäre Listen schweben über dem Geschehen. Manchmal regnet es auch über Lotta kleine animierte Tropfen, wenn ihre Laune nicht so toll ist. Und das kommt häufiger vor.
Das Mädchen von nebenan
Denn auch das unterscheidet Mein Lotta-Leben – Alles Bingo mit Flamingo! von den vielen anderen Kinderfilmen, die hierzulande produziert werden. Meistens werden die von kleinen Helden und Heldinnen bevölkert, die Vorzeigecharakter haben. Sie sind aufgeweckt, einfallsreich, mutig, wenn es sein muss, und grundsätzlich die hilfsbereitesten Menschen, die man sich auf der Erde vorstellen kann. Lotta hilft auch anderen. Aber nur manchmal, wenn ihr danach ist. Und wenn sie die Person mag. Berenike und deren Freundinnen beschimpft sie hingegen, wann immer sie sie sieht. Während bei solchen Filmen meist die Rollen Täter und Opfer klar definiert sind, da weiß man das hier nicht so genau. Lotta kann schon ein kleines Miststück sein.
Das wiederum macht sie so sympathisch und auch zu einer Identifikationsfigur. Lotta ist einfach eine 11-Jährige mit all dem, was dazugehört. Jemand, bei dem man sich gut vorstellen kann, dass sie tatsächlich neben einem in der Klasse sitzt, auf Zetteln rumkritzelt und sich nur wenig dafür interessiert, was die nervige Lehrerin Kackert (Carolin Kebekus) da vorne schon wieder will. Andere Figuren sind da schon weniger realitätskonform. Die Eltern, die Lehrer, auch das irgendwann auftauchende Teenie-Idol Marlon (Lukas Rieger): Sie alle sind etwas überzogen dargestellt, oft eher die Karikatur einer Idee als wirkliche Figur.
Spaß nicht nur für Kleine
Aber das macht nichts. Denn dadurch macht Mein Lotta-Leben – Alles Bingo mit Flamingo! Spaß. Auch wenn der Film eine Reihe ernster Themen anspricht, von Idolwahn über Familienstreitigkeiten bis zum Dauerbrenner Freundschaft, er tut dies doch auf eine humorvolle Weise. Die Witze richten sich dabei sicherlich an ein jüngeres Publikum. Nicht umsonst eröffnete die Romanadaption die Kindersektion des Filmfest München 2019, wo sie als Weltpremiere zu sehen war. So manche Situation wird aber auch bei einem etwas älteren Publikum zumindest ein kleines Schmunzeln provozieren, auch weil das Ensemble ohne Rücksicht auf Verluste aufspielt.
Vor allem Meggy Hussong, die zuvor keine Schauspielerfahrung hatte und hier in ihrem ersten Kinofilm zu sehen ist, ist eine echte Entdeckung. Wenn sie mal wieder genervt in die Kamera schaut und mit dem Publikum spricht – Mein Lotta-Leben durchbricht sehr gerne mal die vierte Wand –, dann geschieht das mit einer Natürlichkeit und Gelassenheit, als hätte sie nie etwas anderes getan. Aber auch ihre jungen Kollegen und Kolleginnen wurden sehr schön besetzt. Die ganz großen Erkenntnisse springen hier nach anderthalb Stunden nicht heraus. Dass Freundschaft wichtiger ist als Beliebtheit, das wird hier so früh betont, dass es nicht wirklich als Schlussfolgerung aus Erfahrung durchgeht. Aber es ist doch sympathisch und unterhaltsam, wie Lotta und Cheyenne alles Mögliche und Unmögliche ausprobieren, nur um am Ende doch wieder da anzukommen, wo sie angefangen haben.
OT: „Mein Lotta-Leben – Alles Bingo mit Flamingo!“
Land: Deutschland
Jahr: 2019
Regie: Neele Leana Vollmar
Drehbuch: Bettina Börgerding
Vorlage: Alice Pantermüller
Musik: Oliver Thiede
Kamera: Daniel Gottschalk
Besetzung: Meggy Hussong, Yola Streese, Levi Kazmaier, Laila Ziegler, Laura Tonke, Oliver Mommsen, Carolin Kebekus, Lukas Rieger
Was macht einen guten Kinderfilm aus? Wie sehr haben sich Kinder im Vergleich zu früher verändert? Diese und weitere Fragen haben wir Regisseurin Neele Leana Vollmar anlässlich des Kinostarts von Mein Lotta-Leben in einem Interview gestellt.
Bei diesen Links handelt es sich um sogenannte Affiliate-Links. Bei einem Kauf über diesen Link erhalten wir eine Provision, ohne dass für euch Mehrkosten entstehen. Auf diese Weise könnt ihr unsere Seite unterstützen.
(Anzeige)