Nachdem er für seinen neunten Film Drive 2011 bei den Filmfestspielen in Cannes in der Kategorie „Beste Regie“ ausgezeichnet wurde, war Nicolas Winding Refn einer der wohl gefragtesten Regisseure Europas geworden. Nicht nur eröffnete der Film dem Dänen neue Möglichkeiten innerhalb seiner Arbeit und ermöglichte neue Projekte, der Preis war zudem nach vielen Jahren der Entbehrungen für ihn und seine Frau Liv Corfixen eine mehr als überfällige Auszeichnung für die spannenden Arbeiten des Regisseurs.
In seiner Dokumentation NWR verfolgt der französische Regisseur Laurent Duroche zwei Ziele. Neben einem Porträt Refns und seines Werkes will er auch zeigen, wie es nach Drive für den Regisseur weitergeht und begleitet ihn bei der Recherche zu seinem nächsten Film Only God Forgives. In zahlreichen Interviews mit Refn und Corfixen sowie Menschen wie Mads Mikkelsen oder Zlatko Buric, die beispielsweise in Refns Pusher und Walhalla Rising mitwirkten, oder eben Ryan Gosling gibt Duroche einen Einblick in die Arbeitsweise des Dänen, die Themen seiner Arbeit und mögliche Parallelen dieser zu seiner Biografie.
Unter Bekannten
Man merkt der Dokumentation eine Vertrautheit der beiden Regisseure an, die sich bereits vorher von Filmfestivals kannten. Im Rahmen seiner Vorbereitung zu Only God Forgives zeigt Duroche die ersten Besichtigungen des Sets in Bangkok sowie Refn bei der Arbeit am Skript und bei einer Sparringsession in einer Muay-Thai Schule. Über diese Bilder und die begleitenden Interviews wird die Art und Weise des Geschichtenerzählens in Refns Filmen thematisiert, der auf starke visuelle Impulse setzt anstatt auf lange Dialoge. Gerade im Hinblick auf die leidige „style vs. substance“ – Debatte, die Filme wie Drive oder The Neon Demon auslösen, ist dies ein interessanter Aspekt.
Trotz der erwähnten Vertrautheit muss man attestieren, dass sich Refn mit Persönlichem sichtlich schwertut, ganz besonders, wenn es um die Verbindung seiner Arbeit mit seinem Leben geht. Viele dieser wichtigen Einblicke erfolgen durch die teils humoristischen Aussagen der anderen Interviewpartner, wenn beispielsweise Mikkelsen erklärt, dass seine Rolle in Bleeder sehr auf dem Regisseur basiert, dieser sich aber als zu cool im Skript darstellte. Wichtig sind in diesem Zusammenhang zudem die Interviews mit Refns Eltern und seiner Frau, die nicht zuletzt in den Protagonisten der Filme immer wieder Aspekte ihres Sohnes bzw. ihres Mannes wiederfinden.
Zuletzt wird Refns Bedeutung innerhalb des europäischen Kinos beleuchtet. Mithilfe von Filmemachern wie Gaspar Noé (Climax, Irreversibel) und Alejandro Jodorowsky (El Topo, The Holy Mountain) erklärt Duroche, in welcher Tradition Refns Filme stehen, dass sie extreme Erfahrungen darstellen, die sich sehr von den Sehgewohnheiten des Mainstreamkinos abheben und daher die Arbeiten eines eigenwilligen sowie streitbaren Künstlers sind.
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