Swinging Summer Flammable Children
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Swinging Summer – Willkommen in den 70ern

Swinging Summer
„Swinging Summer – Willkommen in den 70ern“ // Deutschland-Start: 23. August 2019 (DVD/Blu-ray)

In einem kleinen, verschlafenen Städtchen an der Küste Australien verlebt der junge Jeff Marsh (Atticus Robb) seine Jugend. Während seine Eltern Bob (Jeremy Sims) und Gale (Asher Keddie) zusammen mit befreundeten Pärchen und deren Kindern ihren Alltag zwischen Beruf, Strand und Cocktailparty verbringen, beschäftigt sich Jeff mit Vorliebe mit seiner Kamera und dem damit verbundenen Traum, einen Film zu drehen. Da in seiner Heimat sehr wenig Außergewöhnliche passiert, ist es eine gewaltige Neuigkeit, als eines Tages ein riesiger Blauwal an der Küste strandet, der die Stadt schnell zu einem begehrten Ausflugsziel macht. Neben dem Traum vom eigenen Film verfolgt Jeff auch das Ziel, der gleichaltrigen Melly (Darcey Wilson) näher zu kommen, die, im Gegensatz zu ihren eher extrovertierten Eltern und Geschwistern, eher zurückhaltend und schüchtern ist. Nachdem die beiden ihre Eltern beim Partnertausch heimlich beobachten, ist für sie klar, dass sie so schnell es geht ihren eigenen Weg gehen und ihre Heimat verlassen müssen. Doch diese lässt sie so schnell nicht gehen.

Das Rätsel der eigenen Vergangenheit
Zu sagen, der australische Regisseur Stephen Elliott habe bewegte Jahre hinter sich, klingt nach einer Untertreibung. Nach Filmen wie Das Auge oder Easy Virtue – Eine unmoralische Ehefrau und dem großen Erfolg mit Priscillla – Königin der Wüste brauchte Elliott lange Zeit, um sich von der Folgen eines fast tödlichen Skiunfalls zu erholen. Zudem lebte er bis kurz vor der Premiere von Swinging Summer mit der Angst, Krebs zu haben, was sich zum Glück nicht bestätigte. Aus diesen Krisen heraus keimte Elliots Interesse, sich mit einer Geschichte zu befassen, die sehr starke autobiografische Züge aufweist und seine Kindheit in den 70er Jahren an der australischen Küste thematisiert. Die Auseinandersetzung mit dieser Zeit, seinen Eltern und sich selbst bezeichnet Elliott gegenüber dem The Sydney Morning Herald als therapeutisch.

Aus dieser Vorgeschichte heraus ergibt sich der humoristische, teils nostalgische Ton eines Films wie Swinging Summer. Innerhalb der ersten Minuten präsentiert der erwachsene Jeff (als Erzähler) einen Blick auf seine Heimat und die Menschen, die dort leben, immer mit besonderem Blick auf ihre Eigenheiten. Gespickt mit jeder Menge Lokalkolorit, einem passenden Soundtrack bestehend aus Musik jener Zeit sowie den Kostümen und Frisuren (samt Elvis-Gedächtnis-Koteletten) wird man in eine scheinbar idyllische Ära geworfen, die den Filmfan vielleicht an Werke wie Dazed and Confused von Richard Linklater denken lässt.

Dennoch bemerkt man  die wachsende Kluft zwischen der Elterngeneration und der Jugend. Während sich die einen in einer Mischung aus „free love“ und „staying alive“ befinden, scheinen ihre Kinder vielfach sich selbst überlassen zu sein – undenkbar, wenn man an heutige Begriffe wie Helikoptereltern und ähnliche denkt. Jedoch ist Elliotts Skript so feinfühlig, die Eltern (unter anderem gespielt von Kylie Minogue und Guy Pearce) nicht als Rabeneltern zu brandmarken, sondern sie aus der Sicht des Erzählers vielmehr zutiefst menschlich darzustellen, die versuchen das Beste aus dem zu machen, was ihnen das Leben vor die Füße wirft. Der gelegentliche Alkoholexzess, die Tabletten sowie die fixe Idee eines Swinger-Abends sind in diesem Kontext Wege der Flucht, des Sich-Vergewisserns, dass man noch kein Spießer geworden ist.

Der Wal im Raum
Swinging Summer funktioniert am besten, wenn man ihn als Coming-of-Age-Geschichte versteht. Mit vielen ironischen Bezügen auf Steven Spielbergs Der weiße Hai (Jeffs Lieblingsfilm) wird eben jenes sonnige Küstenstädtchen als Raum betrachtet, in dem die Jugend – ebenso wie die Erwachsenen – experimentiert, erstes Glück und erste Verluste erlebt und ein gestrandeter Wal zu einer Metapher für das Verbleiben in diesem Ort wird. Dieser Riese, der Freiheit des Ozeans entrissen und nun am Strand „gefangen“, ist Dreh- und Angelpunkt für Überlegungen, wie ein Leben außerhalb aussehen könnte. Und natürlich was man mit wem dafür tun kann.



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"Swinging Summer" ist ein amüsanter Film über die 70er Jahre, über das Erwachsenwerden und über die erste Liebe. Besonders die gut aufgelegte und spielfreudige Besetzung gibt dem Film sehr viel Humor, Situationskomik, lässt aber auch in die tiefen Wunden blicken, die das Leben hinterlassen hat.
7
von 10