Sie waren einst dazu auserkoren die Welt zu retten. Doch davon ist mittlerweile nicht mehr viel übrig: Nach dem Tod des Vaters haben sich die Wege der übernatürlich begabten Adoptiv-Geschwister getrennt und führten dabei meistens in den Abgrund. Rumor hat keine Stimme mehr, womit auch ihre Kräfte weg sind. Die Weiße Violine liegt nach wie vor im Koma. Auch Spaceboy liegt viel, weshalb sein aufgequollener Körper kaum noch Bewegung zulässt. Zwar versucht Kraken die Truppe noch so ein bisschen anzuführen. Aber warum sollte jemand auf ihn hören? Und so ist es mal wieder Nummer fünf, der alles durcheinanderbringt. Er und zwei zeitreisende Killer, die ihm auf den Fersen sind …
Dass sich Comic-Künstler hin und wieder an Filmen versuchen, das kommt schon vor. Musiker, die zu Comic-Künstlern werden, das ist hingegen eine Seltenheit. Gerard Way, ursprünglich bekannt als Sänger von My Chemical Romance, schaffte hingegen die Zweitkarriere. Sein Debüt The Umbrella Academy: Weltuntergangs-Suite war sogar so erfolgreich, dass der US-Amerikaner einen Eisner Award für die beste in sich abgeschlossene Serie erhielt. Das wiederum war für ihn Grund genug, einige Monate später die Geschichte fortzusetzen und neue Abenteuer mit der Superheldenfamilie zu verfassen.
Ein komischer Tod
Wer die Netflix-Adaption The Umbrella Academy gesehen hat, für den wird die Geschichte nicht mehr ganz so neu sein. Schließlich griff sich die erste Staffel der Serie beide Bände der Comic-Reihe und führte deren Plots zusammen. Aber selbst erfahrene Zuschauer und Zuschauerinnen können deshalb hier einmal hineinlesen. Zum einen weicht die Umsetzung teils doch recht deutlich vom Original ab, hat beispielsweise ein komplett anderes Ende. Zum anderen sind die Figuren der zeitreisenden Auftragsmörder Hazel und Cha-Cha so kurios, dass man ihnen gerne noch ein zweites Mal begegnet. Aus sicherer Entfernung, versteht sich.
Im Gegensatz zur Live-Action-Serie, die sich gerne bei der Gewalt etwas stilisierter zeigte, ist der Comic richtig harter Tobak. Da werden schon mal Gliedmaßen ausgerissen, Menschen hemmungslos gefoltert, Way und der brasilianische Zeichner Gabriel Bá haben so gar keine Hemmungen bei der Darstellung. Wobei The Umbrella Academy natürlich alles andere als realistisch ist. Das betrifft sowohl den Inhalt um kaputte Menschen mit seltsamen Kräften, die durch die Zeit reisen, sich an Nekromantie versuchen oder auch mal gegen lebendig gewordene Statuen kämpfen. Bei dieser Reihe ist schließlich erst einmal alles möglich, was man sich vorstellen oder auch nicht vorstellen kann.
Skizzierte Abgründe
Aber auch visuell geht der Comic ganz eigene Wege. Die Designs der Figuren sind sehr markant, mit vielen Ecken und Kanten. Gleichzeitig verschwinden die Gesichtszüge gerne einmal im Nichts. Wirklich viele Details haben die Zeichnungen meistens ohnehin nicht, die Bilder gleichen oft mehr rudimentären Skizzen. Dafür geschieht in den Kämpfen so viel, dass man schnell die Übersicht verliert. Auffallend ist zudem der Hang zum Ton in Ton: Große Kontraste bei den Farben sind selten. Allgemein ist The Umbrella Academy: Dallas nicht gerade bunt, optisch ist das nicht annähernd so grell wie der Inhalt.
Aber es ist eben auch diese Mischung aus düsteren und überzogenen Elementen, die The Umbrella Academy einen eigenen Reiz verleihen. Zudem gefällt der Comic durch seine Figuren, die es nie aus ihren Abgründen schaffen, alle irgendwie kaputt sind, ohne dass daraus gleich großes Drama gemacht werden müsste. Leider belässt es Way da oft bei kurzen Momenten oder Andeutungen. Teilweise hätte man gern noch mehr über die Figuren erfahren. Auch der Zeitreiseaspekt kommt recht kurz, ist nicht annähernd so ausgearbeitet wie in der Netflix-Fassung. Aber es ist ein spannender, teils bizarrer Ausflug, auf denen einen die Geschwister mitnehmen und die Lust machen auf den bald erscheinenden dritten Band.
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