Man muss nicht immer so ganz verstehen, was Netflix da treibt. Der Streamingdienst haut Massen an Eigenproduktionen bzw. Exklusivtiteln raus. Einige davon werden stark beworben, andere gar nicht. Nach welchem Prinzip man sich da für was entscheidet, wird von außen nur selten sichtbar. Siehe Til Death Do Us Part. Nach dem unglaublichen Erfolg der (quasi) hauseigenen Science-Fiction-Thriller-Anthologie Black Mirror sollte man meinen, dass die taiwanesische Serie ebenfalls weiter oben in der Prioliste steht. Denn als solche wird diese ja beschrieben. Stattdessen wurde sie quasi ohne Vorankündigung ins Programm genommen, auf der Startseite ist sie nicht zu finden. Ach ja, synchronisiert wurde sie natürlich auch nicht, wie bei den meisten asiatischen Netflix-Serien.
Wobei der Vergleich mit Black Mirror ohnehin hinkt, selbst wenn andere nur zu gerne auf diesen zurückgreifen. Als Thriller würde man die wenigsten der sieben Geschichten bezeichnen wollen. Mit Science-Fiction haben sie erst recht nichts zu tun. Sie fallen nicht einmal durchgängig in den Genre-Bereich. Während manche zumindest mit surrealen und mysteriösen Elementen spielen, sind andere sehr alltägliche Dramen, wie sie sich im hier und jetzt abspielen können. Die auch keinen echten Bezug zu Taiwan haben. Wer sich von Til Death Do Us Part erhofft, einen ganz eigenen Blickwinkel zu bekommen, der kann sich das mehr oder weniger gleich abschminken.
Der Tod ist überall
Was die voneinander unabhängigen Episoden der Anthologie zusammenhält, ist ein gemeinsames Thema: der Tod. In allen geht es darum, dass jemand getötet wird oder anderweitig stirbt, mindestens aber mit dem Tod umgehen muss. Das klingt sehr morbide und düster, ist es meistens auch. Spannend sind die Geschichten aber nur zum Teil. Der Auftakt Unfall mit Fahrerflucht beispielsweise ist eine typische Zeitschleifen-Geschichte, in der vergleichbar zu Happy Deathday der Protagonist jeden Tag überfahren wird, gleich was er auch tut. Das ist jedoch nicht sonderlich aufregend, nachvollziehbar ohnehin nicht. Interessant ist lediglich, dass dieser Aspekt mit einer Art Mythologie verbunden ist.
Insgesamt ergibt sich hier ein stark gemischtes Bild. Einige Episoden sind schön atmosphärisch geworden. Absolut makellos erzählt von einer jungen Frau, die daran verzweifelt, einen Fleck an der Wand zu beseitigen. Die Geschichte hätte auch von Edgar Allen Poe stammen können, nur dass das Setting sehr futuristisch und steril ist. Auch Endstation: Paradies spielt mit einem Ambiente der Zukunft, wenn ein älteres Ehepaar die Beziehung auffrischen will und dafür in einen mysteriösen Ferienort fährt. Zu guter Letzt ist auch Tunnel irgendwie sehenswert, ein sehr ruhiges Drama um traumatische Vergangenheiten und die Schwierigkeit, den Tod zu verarbeiten.
Der lange Weg zum Ende
Der Rest ist dafür ziemlich durchschnittlich, teilweise nicht einmal das. Raubkatze ist eine zähe Begegnung mit einem Paar, das sich nur noch streitet. Login-Probleme versucht ganz aktuell zu sein, wenn sich ein Mauerblümchen im Internet als jemand anderes ausgibt, hat letztendlich aber nichts zu sagen. Besser macht es da Keine Haustiere über zwei Kinder in einem Wohnblock, die Freundschaft schließen. Auch diese Episode ist – wie tendenziell fast alle hier – mit rund 30 Minuten etwas zu lang geraten. Die soziale Komponente macht die Geschichte aber immerhin irgendwie relevant. Unbedingt gesehen haben muss man die Folge aber nicht, was leider auch für Til Death Do Us Part als solches gilt.
Ein Konkurrent für Black Mirror ist die Serie damit dann auch tatsächlich nicht. Wer in der Stimmung für düstere Kurzgeschichten ist, kann es aber zumindest damit versuchen und im Zweifelsfall zur nächsten Episode springen, wenn die aktuelle zu langweilig ist.
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