Fast hätte Astronaut Roy McBride (Brad Pitt) die Arbeit an einer neuen Weltraumantenne hoch im Himmel das Leben gekostet. Andere hatten nicht ganz so viel Glück: Seltsame Energiewellen prasseln auf die Erde ein und haben bereits zahlreiche Opfer gefordert. Und es scheinen immer mehr zu werden. Da erfährt Roy, dass das Phänomen irgendwie mit seinem Vater Clifford McBride (Tommy Lee Jones) zusammenhängen soll. Der war vor 20 Jahren mit einer Crew in Richtung Neptun aufgebrochen und anschließend verschollen. Und eben dort wurde der Ursprung der Wellen lokalisiert. Roy soll dem nun ein Ende bereiten, indem er zum Mars fliegt und von dort aus eine Nachricht schickt, wird dabei jedoch in ein noch größeres Abenteuer hineingezogen …
Wenn ein Film mehrfach verschoben wurde, dann ist das meistens kein sehr gutes Zeichen, denn das deutet auf verschiedene interne Probleme hin – Probleme, die man am Ende beim fertigen Produkt dann oft auch sieht. Die Erwartungen an Ad Astra – Zu den Sternen dürften deshalb auch nicht wirklich galaktisch gewesen sein. Im Januar hätte das Werk bereits starten sollen, wurde dann auf Mai verschoben, nur um dann doch erst im Rahmen der Filmfestspiele von Venedig Ende August Weltpremiere zu feiern. Und doch war es wohl weniger die mangelnde Qualität, die hier ausschlaggebend gewesen ist. Manch einer dürfte im Gegenteil darauf spekulieren, dass vielleicht sogar der eine oder andere Filmpreis drin sein könnte.
Eine Reise in neue Welten
Nein, das Problem von Ad Astra dürfte vielmehr sein, dass der Film nur sehr schwer an ein größeres Publikum zu verkaufen ist, trotz Star-Bonus, trotz eines Budgets jenseits von 80 Millionen Dollar. Nicht dass es an Hits mangeln würde, die von vergleichbaren Science-Fiction-Abenteuern erzählen. Interstellar und Gravity dürften die offensichtlichsten Titel sein, die einem hier einfallen. Beide spielten weltweit rund 700 Millionen Dollar ein. Während die beiden Kollegen jedoch relativ einfach zu kategorisieren waren und bei allen Umwegen eine geradlinige Geschichte erzählten, wird hier gar nicht ganz klar, was der Film eigentlich ist bzw. sein sollte.
So gibt es durchaus Action-Szenen. Die sehen sogar auch richtig schick aus, so wie der Film allgemein oft wahnsinnig gute und auch abwechslungsreiche Bilder vorweisen kann. Da wird von Mad Max-Anleihen zu Weltraum-Horror gewechselt, dazwischen wird es unterkühlt-meditativ. Zwischenzeitlich ist Ad Astra auch ein Mystery-Thriller, wenn viel mit Geheimnissen kokettiert wird, mit verschwiegenen Informationen und nicht offen verratenen Plänen. Zumal ja auch die Frage ist: Selbst wenn es den alten Herren da oben noch gibt. Warum sollte er dann diese Wellen losschicken? Was beabsichtigt er damit? Und weshalb erst jetzt, so viele Jahre, nachdem er dort angekommen ist? Eins vorweg: Der Film beantwortet gar nicht alle Fragen, die hier gestellt werden. Teilweise darf sich das Publikum die Antworten selbst zusammensuchen. Teilweise sind die Antworten auch schlicht irrelevant.
Zwischen Persönlichem und Universellem
Regisseur und Co-Autor James Gray (The Immigrant, Die versunkene Stadt Z) mag zwar klassische Strukturen des Spielfilms verwenden. Eigentlich ist sein neuestes Werk aber mehr ein Essay, der viele Themen anschneidet. Da gibt es Ausführungen zum Raubbau der Menschen, der auch vor fremden Welten nicht Halt macht. Demonstrationen von Widersprüchen im menschlichen Verhalten, wenn das Bedürfnis nach Neuanfang und die Sehnsucht nach Bekanntem zu skurrilen Ergebnissen führen. Auch der ganz grundsätzliche Drang zur Forschung, die Suche außerirdischen Lebens, die Angst davor, völlig allein zu sein, finden immer wieder ihren Weg in die Geschichte. Vom Universellen geht es gleichzeitig bis zum Kleinsten und Persönlichsten, wenn Roys Verhältnis zu seinem Vater und seiner Frau in den Mittelpunkt rücken.
Punktuell ist das durchaus spannend und regt in vielerlei Hinsicht zum Nachdenken an. Ad Astra nutzt die Weiten des Weltalls und die Einsamkeit, um zum Menschen zurückzukehren und vieles in Frage zu stellen. Nur neigt der Film dazu, das alles schon sehr aufzubauschen. Die zahlreichen Monologe, die alles ganz genau erklären wollen, grenzen an eine Beleidigung. Und auch die Musik von Max Richter, der schon bei Werk ohne Autor nicht unbedingt für Subtilität zu gewinnen war, trägt dazu bei, dass man immer wieder aus dem ansonsten sehr ruhigen Drama gerissen wird. Das ist mehr als bedauerlich, da die interessanten Themen und die teils fantastischen Aufnahmen eine absolute Bereicherung für das Kino sind, auch die Darstellung von Brad Pitt (Once Upon a Time in … Hollywood) gehört zu den Glanzlichtern seiner Karriere. Sehenswert ist diese seltsame Mischung aufgrund der vielen gelungenen Elemente durchaus, verblüfft als Gesamtwerk aber oft mehr, als dass sie begeistert.
OT: „Ad Astra“
Land: USA
Jahr: 2019
Regie: James Gray
Drehbuch: James Gray, Ethan Gross
Musik: Max Richter
Kamera: Hoyte van Hoytema
Besetzung: Brad Pitt, Tommy Lee Jones, Ruth Negga, Donald Sutherland
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