Bis dann mein Sohn
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Bis dann, mein Sohn

Bis dann mein Sohn
„Bis dann, mein Sohn“ // Deutschland-Start: 14. November 2019 (Kino)

Xingxing (Roy Wang) macht Probleme. Mal wieder. Dieses Mal soll er einen Walkman von einem Mitschüler geklaut haben. Seine Eltern Yaojun Liu (Jingchun Wang) und Liyun Wang (Mei Yong) wissen nicht mehr weiter. Sollen sie doch zur Polizei gehen? Wollen sie sich weiterhin ständig über ihn ärgern? Denn Ärger hatten sie mehr als genug in ihrem Leben. Während sie noch darüber nachgrübeln, was sie tun sollen, kehren sie in ihren Erinnerungen zu den frühen 1980ern zurück, als die beiden noch in einer Fabrik arbeiteten, zusammen mit dem befreundeten Paar Haiyan Li (Liya Ai) und Yingming Shen (Cheng Xu). Es waren glückliche Zeiten, bis mehrere Schicksalsschläge die vier entzweiten …

Das chinesische Kino hat es hierzulande bekanntermaßen nicht so wirklich einfach. Die Erfolgswelle der historischen Martial-Arts-Filme ist schon lange vorbei, aber auch die klassischen Hongkong-Action-Filme reichen kaum mehr, um in unseren Kinos gezeigt zu werden. Dann und wann dürfen wir natürlich schon noch Werke aus dem Reich der Mitte auf der großen Leinwand sehen. Doch die richten sich von vornherein an ein eher kleines Publikum, weil sie zu speziell sind, zu sperrig vielleicht auch. So wie Bis dann, mein Sohn, das auf der Berlinale 2019 im Wettbewerb lief, und sich nun an einem regulären Kinostart versucht.

Politik ist privat, das Privatleben politisch
Viele Zuschauer werden sich eher nicht hinein verwirren. Ein dreistündiges Drama über ein Ehepaar, das stellvertretend steht für ein sich wandelndes China, das wird für viele nicht sehr einladend klingen. Tatsächlich ist Bis dann, mein Sohn wie auch Asche ist reines Weiß letztes Jahr vor allem für ein Publikum spannend, das sich für das fernöstliche Land interessiert. Schließlich spannt Regisseur und Co-Autor Xiaoshuai Wang hier einen weiten Bogen von den frühen 80ern bis heute, erzählt vom Wandel des reinen Kommunismus zum Kapitalismus, auch die umstrittene Ein-Kind-Politik wird aufgegriffen. Dabei wird der Film überraschend explizit in seiner Kritik an einem Regierungsapparat, der sich nicht im geringsten um seine Menschen schert.

Doch das Politische ist hier nicht von dem Privaten zu trennen. Im Mittelpunkt steht keine direkte Auseinandersetzung mit der Politik oder dem gesellschaftlichen Druck. Stattdessen befasst sich Wang in erster Linie mit den Menschen und was das mit ihnen macht. An negativen Auswirkungen mangelt es dabei nicht. In Bis dann, mein Sohn kann schon das Hören westlicher Popmusik dein Untergang sein. Und selbst wenn sich die Situation im Land bessert, China einen großen Aufschwung erlebt, bleibt da immer eine bittere Note, ein Hinterfragen. War es das wert? Wie viel haben wir gewonnen? Wie viel verloren? Was ist eigentlich aus uns geworden? Hoffnungsschimmer sind selten. Selbst in den glücklichen Momenten wissen wir, wie flüchtig dieses Glück sein wird.

Und was war davor?
Ein Grund dafür ist die eigenwillige Erzählweise des Films: Bis dann, mein Sohn springt unentwegt zwischen verschiedenen Zeitebenen hin und her. Los geht es mit einer Szene der Gegenwart, danach bewegen wir uns zu einem Schlüsselmoment im Leben des Paares. Doch die wahre Tragik wird erst später bewusst, wenn wir in einem abermaligen Zeitsprung noch weiter in die Vergangenheit reisen. Der komplette Film ist wie ein Puzzle angelegt, erinnert von der Struktur her durchaus an einen Krimi. Möglich, dass Wang auf diese Weise die Spannung hochhalten wollte, um die drei Stunden nicht zu lang werden zu lassen. Zum Teil gelingt ihm das, weil die kleinen Unverständlichkeiten und Irritationen doch auch Neugierde wecken. Manches wirkt auch tatsächlich stärker auf diese Weise.

Doch unbedingt gebraucht hätte das Drama diese Tricks nicht, es ist auch ohne sie stark genug. Gerade die Verbindung aus einem geschichtlichen Porträt und einem sehr menschlichen Schicksal ist Wang ausgebrochen gut gelungen, Bis dann, mein Sohn ist ein fantastisch gespielter Film über zwei Menschen, die im Leben mehrfach großes Unglück erfahren haben und nicht mit dem Schmerz umgehen konnten, sich durch eine Flucht zu retten versuchten, ebenso durch einen Trost, der so seltsam wie traurig ist. Die Häufung der Unglücke ist natürlich schon geballt, leicht hätte das hier zu einem kitschigen Melodram werden können. Doch Wang hält die Balance und zieht einen zurückhaltenden Ton vor, spricht ganz leise von Ereignissen, die gleichzeitig ein Weltuntergang und doch völlig unbedeutend sind.



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„Bis dann, mein Sohn“ erzählt von einem Paar, das mehrere Schicksalsschläge verkraften musste und auf eigene Weise versucht, mit ihnen klarzukommen. Das leise, etwas verschachtelte Drama ist aber nicht nur ein fantastisch gespieltes Einzelschicksal, sondern verbindet das Persönliche mit dem Politischen, wenn es gleichzeitig zu einem Spiegel eines sich wandelnden Chinas wird.
9
von 10