Celebration
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Celebration

Celebration
„Celebration“ // Deutschland-Start: 26. September 2019 (Kino) // 29. November 2019 (DVD)

Dokumentarfilme über große Persönlichkeiten, besonders solche aus einem künstlerischen Umfeld, sind oft eine zwiespältige Angelegenheit. Auf der einen Seite ist es schön, etwas mehr über die Menschen zu erfahren, vielleicht auch den einen oder anderen Blick hinter die Kulisse zu werfen. Gleichzeitig ergeben sich viele Filmemacher aber den Berühmtheiten, drehen letztendlich nur oberflächliche Huldigungen, bei denen vor lauter Glanz das Auge nichts mehr zu sehen bekommt, kritische Auseinandersetzungen völlig tabu sind. Wenn ein solcher Film auch noch Celebration heißt, dann sinken die Erwartungen noch einmal ein wenig stärker, mehr als eine Werbesendung zu Gesicht zu bekommen.

Doch der Titel trügt bzw. ist mehrdeutig. Tatsächlich ist Celebration durchaus eine Würdigung von Yves Saint Laurent, jenem großen Modeschöpfer, der wie kaum ein anderer für die vornehme Haute Couture stand. Gleichzeitig hinterfragt sie aber vieles und zeigt nicht nur schmeichelhafte Bilder des Franzosen wie seines Umfelds. Vor über zwölf Jahren, auf der Berlinale 2007, war der Dokumentarfilm bereits zu sehen. Doch Pierre Bergé, Lebensgefährte wie auch Geschäftspartner von Saint Laurent, erwirkte, dass der Film erst nach seinem eigenen Tod wieder gezeigt werden dürfte – der vor mittlerweile zwei Jahren eintrat.

Unterwegs in einer anderen Welt
Nun darf man sich darüber streiten, ob dies geschah, um das Ansehen von Saint Laurent zu bewahren, oder ob es Bergé nicht auch um sich selbst ging. Denn richtig glorreiche Figuren stellen sie beide nicht da. Wobei der Modeschöpfer mit mehr Nachsicht rechnen darf, schließlich ist er doch das Genie. Für die gelten andere Regeln, die leben in einer eigenen Welt. An einer Stelle vergleicht Bergé seinen berühmten Partner mit einem Schlafwandler, den es unter keinen Umständen zu wecken gilt und den nur er vor den Gefahren da draußen beschützen kann. Das klingt vereinnahmend, manipulierend – und ist doch auch Ausdruck einer ganz besonderen Beziehung.

Immer wieder rücken dann auch persönliche Momente in den Vordergrund, die mehr über den Menschen Yves Saint Laurent sagen als über den Künstler. Regisseur Olivier Meyrou, der die Ikone über einen längeren Zeitraum begleitet hat, bevor der sich in den Ruhestand zurückzog, versucht sich tatsächlich an dem vielbeschworenen Blick hinter die Kulissen. Das bedeutet auch, dem Meister über die Schulter zu schauen, wie er mit leicht zittriger Hand an neuen Entwürfen arbeitet. Oder dabei zu sein, wenn er einmal beinahe stolpert: klassisches Streichmaterial, das nichts zum Inhalt beizutragen hat, Saint Laurent aber doch auf eine unerwartete Weise menschlich werden lässt.

Nah und doch fremd
Ergänzt werden diese Szenen durch diverse in Schwarzweiß gehaltene Interviewaufnahmen. Teilweise sind diese tatsächlich erhellend, wenn es um die Herausarbeitung von Laurents Charakter geht. Teilweise wirken sie aber ebenso fremd wie die Musik, die wie aus einem anderen Film wirkt. Nicht nur dadurch irritiert Celebration ein wenig. Insgesamt weiß man hier nie so recht, ob man sich voller Nostalgie an eine vergangene Ära erinnern soll oder ob diese hier genüsslich auseinandergenommen wird. Zumal Saint Laurent selbst eine irgendwie ambivalente Figur ist, ein mehr als lebensgroßes Relikt, das alles bestimmt und doch seltsam losgelöst wirkt.

Wer sich für Mode interessiert, hat zwangsläufig mehr Spaß an der Sache, da man hier einen kleinen Einblick in die Hintergründe erhält, etwa bei der Organisation einer Fashion Show. Doch der Beitrag vom queerfilmfestival 2019 ist auch für Modemuffel durchaus sehenswert, ein Interesse an spannenden Persönlichkeiten vorausgesetzt. Eine solche war Yves Saint Laurent sicherlich, selbst in seinen gebrechlichen Momenten zum Ende, wenn er immer weiter wegzudriften begann. Ein Mensch, der eine klare Vision hatte, selbst wenn er sein Umfeld nicht immer wahrzunehmen wusste und manchmal in diesem etwas verloren wirkte.



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Mehr als zehn Jahre war „Celebration“ unter Verschluss, nun wird der Dokumentarfilm über die späten Jahre von Yves Saint Laurent wieder der Öffentlichkeit zugängig gemacht. Der Film huldigt damit einerseits dem kreativen Modeschöpfer, zeigt ihn aber auch in seinen zerbrechlichen und verlorenen Momenten. Das ist nicht immer schmeichelhaft, dafür aber das faszinierend menschliche Porträt eines Künstlers.