Ein Jahr ist es mittlerweile her, dass die damals 8-Jährige Maisie spurlos verschwunden ist. Während die Suche längst eingestellt wurde und der Rest der Welt zur Tagesordnung übergangenen ist, ist für die Familie die Zeit stehengeblieben. Olivia (Laura Fraser) beispielsweise hängt immer noch überall Vermisstenanzeigen ihrer Tochter auf, auch ihr Ehemann Ray (Mel Raido) ist vom Verlust gezeichnet. Als die Familie zum Jahrestag des Verschwindens zusammenkommt, dann eigentlich um dem Mädchen zu gedenken, das sie über alles lieben. Doch etwas anderes geschieht in dieser Nacht, das ihre ganze Aufmerksamkeit erfordert: Eigenartige Lichter sind im Wald aufgetaucht und bald sind sich alle einig, dass da irgendetwas im Wald umherstreift. Aber wer? Und weshalb?
Vor einem Jahr feierte auf dem Fantasy Filmfest mit Solis ein recht ungewöhnlicher Vertreter des Science-Fiction-Genres seine Deutschlandpremiere. Damals wurde die Geschichte eines Mannes erzählt, der in einem verunglückten Raumschiff durch das Weltall treibt und dabei lediglich durch Funkkontakt noch Gesellschaft hatte. Nun meldet sich dessen Regisseur und Drehbuchautor Carl Strathie mit einem weiteren Ausflug in dieses Genre zurück, erneut auf dem Festival, erneut spielt Alice Rowe eine Nebenrolle. Und doch, so ganz vergleichbar sind die beiden Werke nicht.
Zusammen statt allein
Zum einen spielt Dark Encounter auf der Erde. Dann gibt es deutlich mehr Figuren in dem Film. Die haben sogar tatsächlich eine Funktion, denn im Mittelpunkt der Geschichte stehen die Beziehungen untereinander sowie zu der verschwundenen Maisie. Die Trauer um das Kind ist es, die alle zusammenhält. Und der letzte Unterschied: War Solis in einer ferneren Zukunft angesiedelt, tritt Strathie dieses Mal den Rückwärtsgang an und siedelt seine Geschichte in den frühen 1980ern an. Warum wird nicht ganz klar, zumindest aus inhaltlicher Sicht spricht nichts für dieses zeitliche Setting. Vielleicht wollte der Filmemacher von der allgemeinen Nostalgie profitieren, die schon diverse Kollegen bedient haben.
Andererseits, so ganz unpassend ist das nicht. Dark Encounter ist nicht nur in der Vergangenheit platziert. Der Film verneigt sich auch vor einer Reihe von Klassikern. Der offensichtlichste ist natürlich Unheimliche Begegnung der dritten Art. Aber auch sonst kommt einem hier einiges bekannt vor. Die tanzenden Lichter, das Dröhnen im Hintergrund. Der Film ist ein traditioneller Alien-Invasionsfilm, zumindest so der schnelle Eindruck. Nur dass Strathie dies mit jeder Menge Mystery verbindet. Dass an der Geschichte irgendwas nicht stimmt, es da um mehr gehen muss als Riesenköpfe mit eindringlichem Interesse an der menschlichen Anatomie. Nur was?
Unheimliche Vorfreude
Atmosphärisch ist das Strathie alles ganz gut gelungen. Dark Encounter hält die Balance aus Neugierde, geweckt von den nicht erkennbaren Schattengestalten, und einer wohligen Spannung. Denn auch wenn der Film gar nicht so wahnsinnig konkret wird und lange offen lässt, was genau da gespielt wird, unheimlich ist das Ganze schon. Dass das Haus der Familie – wie es das Horrorgenre meistens will – recht weit draußen liegt, fern von anderen Menschen, dafür unmittelbar neben einem Wald, das hilft natürlich. Man fühlt sich hier gleichzeitig isoliert wie auch belagert, wenn die seltsamen Ereignisse immer näher kommen.
Gegen Ende hin geht dem Film dann aber doch irgendwie die Luft aus. Diverse Tricks, die anfänglich noch zur Stimmung beitragen, wurden zu oft angewendet und verlieren ihre Wirkung. Und auch die Musik schwillt so dramatisch an, als wären die letzten Sekunden der Welt angebrochen – was auf eine unbeabsichtigte Weise die Nerven strapaziert. Allgemein geht Strathie hier dann auch das Gefühl für Tempo verloren, wenn sich das Unvermeidliche viel zu lange zieht. Trotz der einzelnen guten Zutaten ist Dark Encounter daher, wie auch schon Solis, nicht so ganz rund. Dennoch, auch der zweite Film deutet an, dass hier ein interessanter Regisseur an sich arbeitet. Und er zeigt wiederholt ein Händchen für die Besetzung, vor allem Laura Fraser als gramzerfressene Mutter trägt maßgeblich dazu bei, dass im Zentrum des Genresturms das Menschliche nicht verloren geht.
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