Das innere Leuchten
© Alma Film

Das innere Leuchten

Das innere Leuchten
„Das innere Leuchten“ // Deutschland-Start: 19. September 2019 (Kino)

Die Menschen werden immer älter, sie bleiben heute auch länger körperlich fit. Das ist schön. Der Nachteil jedoch: Je älter man wird, umso höher ist auch das Risiko, an einer Demenz zu erkranken. Aus diesem Grund steigt die Zahl der Betroffenen schon seit einer ganzen Weile an. 2018 waren es in Deutschland etwa 1,7 Millionen, in den nächsten Jahrzehnten werden es mehrere Millionen werden. Wie viel genau, darüber ist man sich uneinig. Und auch die Krankheit selbst gibt noch viele Rätsel auf. Während es bei einigen Formen inzwischen Fortschritte gibt, sind andere noch immer nicht entschlüsselt, weder im Hinblick auf ihre Entstehung noch auf mögliche Gegenmaßnahmen. Klar ist nur eins: Die Gesellschaft muss sich darauf einstellen, sich um immer mehr Fälle kümmern zu müssen.

Aber was genau bedeutet das eigentlich, in seinem Umfeld jemanden mit Demenz zu haben? Zumindest eine Teilantwort liefert Das innere Leuchten. Regisseur Stefan Sick beschäftigt sich dabei nicht mit der wissenschaftlichen Komponente, versucht sich erst gar nicht daran, diese degenerative Erkrankung genauer zu erklären oder Perspektiven für die Zukunft zu geben. Auch die Frage, was sich in der medizinischen Versorgung ändern muss, interessiert ihn nicht. Stattdessen schaut er sich eine Reihe betroffener Menschen an, die in einer speziellen Pflegeeinrichtung untergebracht sind, und verbringt mit ihnen Zeit.

Ein stiller Beobachter
Wobei man hinter dieses „mit“ durchaus auch ein Fragezeichen setzen kann. Zum einen interagiert er gar nicht mit den besagten Menschen, sondern überlässt das den anderen – vornehmlich Angehörigen und Pflegepersonal. Er beobachtet sie vielmehr dabei. Zum anderen wird trotz der vielen Zeit, die er seinen älteren Protagonisten und Protagonistinnen widmet, nie wirklich klar, wie viel sie eigentlich noch von dem mitbekommen, was um sie herum geschieht. Am mangelnden Einsatz des Umfelds liegt es nicht. Vielmehr wird durch Das innere Leuchten deutlich, wie schwierig es ist, noch zu den Leuten durchzudringen.

Das bedeutet jedoch nicht, dass jeder Versuch zum Scheitern verurteilt ist. Das innere Leuchten hält nicht zum Resignieren an, angesichts einer vorgeschriebenen Vergeblichkeit. Denn inmitten dieser schwierigen, potenziell frustrierenden Szenen finden sich auch immer wieder Augenblicke des Glücks. Mal wird musiziert, mal mit einem Ball gespielt. Jedes Mal, wenn ein Lächeln über ein Gesicht huscht, macht das eigene unweigerlich mit. Man fühlt sich hier irgendwie gut aufgehoben, trotz der unbestreitbaren Herausforderungen. Die große Angst, welche die Bevölkerung vor dieser Krankheit hat, sie wird zumindest etwas abgemildert.

Haben die es schön da!
Das mag auch ein wenig mit der sehr ruhigen Musik und den regelmäßig eingeblendeten Naturszenen zu tun haben, die – auf nicht sehr subtile Weise – eine kleines Idyll schaffen. Das innere Leuchten, das auf der Berlinale 2019 erstmals zu sehen war, zeigt natürlich auch eine etwas geschönte Situation in einer Pflegeeinrichtung, die nicht unter einer dünnen Personaldecke oder finanziellem Druck zu leiden haben. Wie repräsentativ das für die Versorgung von Demenzkranken ist, darüber lässt sich streiten. Umso mehr, wenn die Zahl zunehmend steigen wird und dadurch die Anforderungen steigen.

Aber so weit sind wir hier noch nicht. Das innere Leuchten ist eine gefühlvolle und behutsame, irgendwie intuitive Annäherung an ein Thema, das zwar alle irgendwie angeht, mit dem aber kaum jemand etwas zu tun haben will. Ein Film, der dem Titel entsprechend daran erinnert, was da noch in den Menschen schlummert, die so weltverloren durch die Gänge schleichen, auch mal ein bisschen singen dabei. Und der dazu ermuntert, sich auf das Ganze einzulassen, ohne Vorbehalt oder Furcht.



(Anzeige)

„Das innere Leuchten“ nähert sich dem Thema Demenz an, wenn auch auf eine unerwartete Weise: Wissenschaftliche Informationen oder Prognosen fehlen völlig. Stattdessen verbringt der Dokumentarfilm viel Zeit mit Betroffenen und deren Umfeld, macht dabei auf einfühlsame Weise Mut dazu, sich mit der gefürchteten Krankheit auseinanderzusetzen.