Das Wunder im Meer von Sargasso
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Das Wunder im Meer von Sargasso

Inhalt / Kritik

Das Wunder im Meer von Sargasso
„Das Wunder im Meer von Sargasso“ // Deutschland-Start: 12. September 2019 (Kino)

Ambitionen hatte Elisabeth (Angeliki Papoulia) jede Menge. Doch damit machte sich die Polizistin nicht nur Freunde, ihre rücksichtslose Art und ihre unbeugsamen Prinzipien standen einer großen Karriere im Wege. Inzwischen kann sie in der Hinsicht auch sämtliche Hoffnungen begraben, nachdem sie von Athen in die kleine Hafenstadt Messolonghi versetzt wurde. Richtig wohl fühlt sich in dem Kaff nicht, in dem sie ihre Talente kaum ausspielen kann. Zumal sie erneut mit allen möglichen Kollegen aneinandergerät. Da trifft es sich ganz gut, als der Schlagersänger Manolis (Christos Passalis) eines Morgens tot aufgefunden wird. Bei ihren Ermittlungen kreuzen sich anschließend immer wieder die Wege von Elisabeth und Manolis’ Schwester Rita (Youla Boudali), während sie feststellen muss, dass in der vermeintlichen Idylle noch sehr viel mehr im Argen liegt …

Syllas Tzoumerkas scheint keine so richtig positive Sicht auf das Leben in Griechenland zu haben, zumindest wenn es nach seinen Filmen geht. In A Blast – Ausbruch beschloss eine Frau, aus allem auszubrechen, alles hinter sich zu lassen, selbst die Kinder, um wieder frei zu sein und komplett von vorne anzufangen. Fünf Jahre sind seit dem letzten Spielfilm des Regisseurs und Co-Autors vergangen, viel geändert hat sich aber nicht. Denn auch in Das Wunder im Meer von Sargasso erzählt er von Frauen, die zu Gefangenen geworden sind in einer von Männern dominierten Welt und die um jeden Preis ausbrechen wollen.

Gefangene des Alltags

Dieses Mal ist das allerdings nicht ganz so erfolgreich. Anders als die Aale, denen zu Beginn des Films eine Wissenssendung gewidmet ist und die als Metapher herhalten müssen, gibt es in Messolonghi kein Entkommen. Das Meer ist direkt daneben, keine Gesetze zwingen zum Bleiben. Und doch zeigt Tzoumerkas eine Ansammlung von Menschen, denen es einfach nicht gelingen will, sich aus diesen Fesseln zu lösen, aus den verschiedensten Gründen. Das können mal Erwartungen sein, mal sind es zwischenmenschliche Beziehungen, die eine freie Entfaltung verhindern. Manche, wie Elisabeth, wirken auch wie Gefangene von sich selbst.

Das Wunder im Meer von Sargasso, das auf der Berlinale 2019 Premiere feierte, funktioniert dann auch am besten als ein Kaleidoskop der traurigen Geschichten. Als Porträt einer Kleinstadt, in der nichts so wirklich funktioniert, alle unglücklich sind und dazu verdammt, von einem besseren Leben nur zu träumen. Atmosphärisch ist das stark, Tzoumerkas versteht es, die Abgründe seiner Mitmenschen nach und nach an die Oberfläche zu bringen. Von Anfang an fühlt man sich hier eher unwohl, selbst wenn man vielleicht nicht genau sagen kann weshalb. Mit der Zeit wird das dann konkreter, gleichzeitig grotesker, als wäre man in ein Paralleluniversum gestolpert. Wie bei David Lynch, nur dreckiger und grober.

Inmitten furchtbarer Leute

Dass man seine Zeit eher ungern mit diesen Leuten verbringt, hängt auch damit zusammen, dass es hier an Sympathieträgern fehlt. In Krimis sind das ja traditionell eher die Ermittler, ob nun bei der Polizei oder privat. Bei Elisabeth würde man das aber wohl kaum behaupten wollen. Es ist vielmehr bemerkenswert, wie leicht es Papoulia (The Lobster – Eine unkonventionelle Liebesgeschichte) fällt, einen derart konstant vor den Kopf zu stoßen. Sie mag nicht ganz abgefuckt wie die Kollegin in Destroyer sein, macht das aber mit einer gehörigen Portion Aggressivität wieder wett, die sie selbst in den banalsten Situationen an den Tag legt. Das erschließt sich dann nicht unbedingt, so wie nicht alles in Das Wunder im Meer von Sargasso schlüssig ist.

Faszinierend ist es jedoch, was der Grieche hier dem Publikum vorsetzt, auch wenn er sich nicht wirklich viele Freunde damit machen wird. Dafür ist Das Wunder im Meer von Sargasso letztendlich auch zu wenig greifbar: Der Film torkelt zwischen Drama, Krimi und Thriller hin und her, ohne sich entscheiden zu wollen. Ebenso wird nicht ganz klar, ob der Genremix ein Abbild kleinstädtischer Tristesse sein will oder doch universellere Ambitionen verfolgt. Es bleibt offen, was der Film überhaupt beabsichtigt. Eine gewisse Freude am menschlichen Sumpf vorausgesetzt, ist das aber durchaus sehenswert. Tzoumerkas schafft hier einen Moloch, der zwar nicht unbedingt berührt, aus dem man aber selbst kaum noch herausfindet, selbst nach den Credits.

Credits

OT: „To thávma tis thálassas ton Sargassón“
IT: „The Miracle of the Sargasso Sea“
Land: Deutschland, Griechenland, Niederlande, Schweden
Regie: Syllas Tzoumerkas
Drehbuch: Youla Boudali, Syllas Tzoumerkas
Musik: Drogatek, Phoebus, Jean-Paul Wall
Kamera: Petrus Sjövik
Besetzung: Angeliki Papoulia, Youla Boudali, Christos Passalis, Argyris Xafis, Thanasis Dovris, Christian Culdiba

Bilder

Trailer

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Berlinale 2019

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„Das Wunder im Meer von Sargasso“ erzählt von einer aggressiven, wenig sympathischen Polizistin, die sich in einem Fall verbeißt, bis immer mehr Abgründe offengelegt werden. Die atmosphärisch dichte Mischung aus Drama, Krimi und Thriller funktioniert am besten als Porträt einer hoffnungslosen und gefangenen Kleinstadt, auch wenn sich so manches hier nicht wirklich erschließt.
7
von 10