27 Jahre sind vergangen, seitdem der Club der Verlierer den gestaltwandelnden Clown Pennywise (Bill Skarsgård) in der Kanalisation der Kleinstadt Derry besiegt hat. Seither ist viel passiert, aus den Kindern sind Erwachsene geworden, die sieben haben sich in alle Winde verstreut. Nur Mike Hanlon (Isaiah Mustafa) ist in Derry geblieben, fest entschlossen, über die Stadt zu wachen, falls das Grauen zurückkehren sollte. Genau das scheint nun der Fall zu sein, als immer mehr Menschen verschwinden oder unter seltsamen Umständen ums Leben kommen. Und so ruft Mike seine einstigen besten Freunde an, Bill Denbrough (James McAvoy), Beverly Marsh (Jessica Chastain), Ben Hanscom (Jay Ryan), Richie Tozier (Bill Hader), Eddie Kaspbrak (James Ransone) und Stanley Uris (Andy Bean), um sie an ihr Versprechen zu erinnern, das sie sich als Kinder gegeben haben …
Stephen King war im Bereich des Horrorfilms natürlich immer ein Name mit einer gewissen Zugkraft gewesen. Gerade in den 80ern und 90ern hat es eine Reihe von Hits gegeben, die auf Romane des King of Horror zurückgehen. Und doch, nichts davon kam auch nur annähernd an das heran, was Es vor zwei Jahren gelang. Die Neufassung seines Kultbuches um eine Freundesclique, die gegen das Böse in Clownsgestalt kämpft, brach eine Reihe von Rekorden. Unter anderem konnte sie sich mit einem Einspielergebnis von 700 Millionen Dollar den Titel des erfolgreichsten Horrorfilms aller Zeiten schnappen. Und das Ganze bei einem vergleichsweise bescheidenen Budget von nur 35 Millionen Dollar.
Mehr ist nicht immer mehr
Entsprechend groß sind die Erwartungen an den Nachfolger. Umso mehr, da das hier eine ganze Nummer größer ausfällt. Das Budget hat sich verdoppelt, mit James McAvoy, Jessica Chastain und Bill Hader sind einige echte Stars hinzugekommen. Und auch der Umfang hat noch einmal deutlich zugenommen. Brachte es der Vorgänger auf „nur“ 135 Minuten, sind es dieses Mal gleich 170 Minuten. Zum Vergleich: Die erste Adaption des Romans, ein 1990 fürs Fernsehen produzierter Zweiteiler, nahm damals insgesamt nur 180 Minuten in Anspruch. Da durfte man im Vorfeld schon ein wenig skeptisch werden, womit diese Laufzeit denn gefüllt würde. Anders als beim ersten Teil war hier schließlich keine Einführung der Figuren oder des Gegners notwendig, beides war bereits bestens etabliert.
Tatsächlich stellt sich das auch als ziemlicher Ballast für den Film heraus. Über knapp drei Stunden durchgängig Spannung zu erzeugen, das ist eine echte Aufgabe. Eine zu große Aufgabe für Regisseur Andy Muschietti (Mama), wie sich leider zeigt. Wobei das Problem nicht einmal zwangsweise die Inszenierung ist. Zumindest punktuell gelingt es dem Filmemacher, schön schaurige Momente zu erschaffen, in denen vor allem Bill Skarsgård als geifernder Grusel-Clown überzeugt. Es ist vielmehr das komplette Konzept von Es Kapitel 2, das nicht so recht funktionieren mag. Der eigentliche Kampf der Verlierer gegen Pennywise fällt überraschend kurz aus, stattdessen gibt es massig Flashbacks, welche die Kinder von einst zeigen.
Das ist jedoch ein sehr zweischneidiges Schwert. Auf der einen Seite waren der Cast und die Coming-of-Age-Elemente durchaus eine Stärke von Es gewesen. Sie waren sogar der Punkt, der den ansonsten eher soliden Horrorfilm überhaupt so sehenswert machte. Aus diesem Grund ist es natürlich schon schön, die sieben Kids wieder zu sehen und mit ihnen das Gefühl eines Sommerabenteuers erneut erleben zu dürfen. Es bringt jedoch auch eine ganze Reihe von Nachteilen mit sich. Beispielsweise kommt die Geschichte selbst nie in Gang, da die Verflechtung von Gegenwart und Vergangenheit keine Entwicklung zulässt. Das hatte King seinerzeit zwar auch in dem Roman so getan. Doch dort verliefen beide Handlungsstränge auch parallel. Hier ist es hingegen so, dass der erste Strang bereits vorbei ist, jedoch dauernd wieder aufgegriffen wird – auf Kosten des zweiten Strangs, der währenddessen komplett im Stillstand verharrt.
Unterwegs mit Fremden
Die Leidtragenden sind die erwachsenen Verkörperungen der Kinderfreunde. Nur ganz am Anfang und zum Schluss gibt es Szenen, in denen sie zusammen sind und in denen sie als Gruppe auftreten dürfen. Das reicht einfach nicht aus, um das gemeinschaftliche Gefühl zu erzeugen, welches die Jungvariante auszeichnete. Sie bleiben bis zum Schluss Fremde, denen man nicht ganz abnimmt, dass sie soviel miteinander verbinden soll. Ein weiterer Nachteil: Nachträglich von unheimlichen Ereignissen zu erzählen, welche die sieben als Kinder hatten, widerspricht dem Einmaleins der Spannungserzeugung. Wenn ich von vornherein weiß, dass die Kinder alles heil überstehen müssen – sonst wären sie nicht als Erwachsene da –, dann haben die Szenen keine wirkliche Bedeutung.
Doch trotz der unnötig aufgeblähten Geschichte, welche zwischenzeitlich langweilt und dabei sogar noch wichtige Punkte vergisst und nicht zu Ende erzählt: Stärken hat auch die Fortsetzung. Die Momente, wenn die Kids unter sich sind, gehören nach wie vor zu den Höhepunkten. Das umstrittene Ende des Buches wie auch der ersten Adaption wurde griffiger gemacht, was auch mit einem sehr netten Meta-Running-Gag inklusive witzigem Gastauftritt einhergeht. Und die Szenen, wenn Muschietti tatsächlich die Verbindung von Vergangenheit und Gegenwart gelingt und aufzeigt, wie sehr wir von unseren Erfahrungen geprägt werden, von Träumen und Enttäuschungen, dann wird auch klar, weshalb Es Kapitel 2 so ist, wie es ist. Und zumindest teilweise verzeiht man die diversen Mängel, zu denen sich später auch Kitsch gesellt. Denn auch wenn die zweite Hälfte schwächer war, als gesamte Reise bleibt die King-Verfilmung schon etwas Besonderes.
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