Grâce à Dieu Gelobt sei Gott
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Gelobt sei Gott

Gelobt sei Gott
„Gelobt sei Gott“ // Deutschland-Start: 26. September 2019 (Kino)

Alexandre Guérin (Melvil Poupaud) ist ein glücklich verheirateter Mann, Vater von fünf Kindern, auch beruflich läuft alles bei dem Bankangestellten. Eine Sache liegt ihm aber immer noch auf der Seele: als Kind von dem Priester Bernard Preynat (Bernard Verley) missbraucht worden zu sein. Groß daran gedacht hatte er zuletzt nicht mehr, bis eines Tages das Thema doch wieder auftaucht und er entsetzt feststellen muss, dass Preynat bis heute mit Kindern zusammenarbeitet. Seine Versuche, den Geistlichen zur Rede zu stellen, schlagen fehl. Doch als er die Vorgänge bei der Polizei öffentlich macht, lernt er schließlich die weiteren Missbrauchsopfer François (Denis Ménochet) und Emmanuel (Swann Arlaud) kennen, die sich seinem Kampf gegen die Vertuschung anschließen.

Ein bisschen bange konnte einem schon bei der Vorstellung werden. Gleichzeitig durfte man aber auch neugierig sein. Ausgerechnet François Ozon, der schillernde Regisseur, der oft als Enfant Terrible des französischen Kinos bezeichnet wurde, nimmt sich des Themas Missbrauch in der Kirche an. Wie würde er diesen heiklen Stoff umsetzen, der in seiner Heimat für einen handfesten Skandal sorgte? Extravagant, genüsslich die Abgründe des menschlichen Daseins auskostend, bis weit über die Schmerzgrenze hinaus? Für jemanden wie ihn, der gerne an der Fassade kratzt und das Hässliche und Groteske dahinter herausarbeitet, müsste das doch eigentlich ein gefundenes Fressen sein.

Unerwartet nüchtern
Umso überraschender ist das Ergebnis. Gelobt sei Gott, das im Wettbewerb der Berlinale 2019 lief und den Silbernen Bären erhielt, ist ein sehr zurückgenommenes Drama. Ein Film, der so nüchtern ist, dass man ohne entsprechende Vorkenntnis wohl kaum auf die Idee kommen würde, dass Ozon dahintersteckt. Das Kalkül des Filmemachers dürfte gewesen sein, dass die Geschichte für sich spricht und auch ohne großes Zutun Wucht entwickeln würde. Und so gibt es keine tränenreichen Szenen, keine schwülstige Musik oder riesige Pathosberge. Stattdessen erzählt der Franzose ganz ruhig von drei Opfern und ihren jeweiligen Versuchen, mit den traumatischen Erfahrungen fertig zu werden.

Eine direkte Hauptperson gibt es in dem Film nicht. Zwar beginnt Gelobt sei Gott mit der Figur des Alexandre, der mit seinen Bemühungen den Stein ins Rollen bringt. Zeitweilig rücken aber ganz andere Figuren in den Mittelpunkt, Alexandre verschwindet völlig von der Bildfläche. Gelobt sei Gott gleicht auf dieser Weise eher einem Episodenfilm, der auch von dem allgemeinen Kampf um Anerkennung und Wahrheit sprechen möchte, anstatt sich rein auf die Einzelschicksale zu konzentrieren.

Wobei Letztere natürlich bewegend sind, die drei Hauptopfer aufgrund ihrer Unterschiedlichkeit auch spannend. So fand Alexandre in seinem unerschütterlichen Glauben und seiner Familie Kraft, Emmanuel ist hingegen für sein Leben gezeichnet. Wenn derart unterschiedliche Persönlichkeiten zusammenfinden und einen gemeinsamen Kampf austragen, dann hinterlässt das natürlich Eindruck beim Publikum – zumal gerade auch die Konflikte innerhalb der heterogenen Truppe interessant sind. Nur weil mehrere Menschen dasselbe Schicksal erlitten haben, müssen sie nicht zwangsweise dasselbe wollen.

Der Preis der Sachlichkeit
Und doch ist das mit der Spannung hier so eine Sache. Einerseits ist der sehr sachliche Zugang, der an Spotlight erinnert, durchaus wohltuend, um sich auf die Geschichte konzentrieren zu können. Nur fehlen Ozon die visuellen Mittel, die das Ganze begleiten könnten. Immer wieder weiß er sich nicht anders zu helfen, als seine Figuren durch die Gegend laufen zu lassen, während die Stimme aus dem Off Briefe oder E-Mails vorliest. Solche schriftlichen Zeugnisse anregend umzusetzen, ist natürlich immer eine schwierige Aufgabe. Enttäuschend ist es aber schon, dass der auch für grelle Bilder bekannte Regisseur keinen Einfall hat, nicht einmal versucht, diese Szenen irgendwie anders oder abwechslungsreich zu gestalten. Zusammen mit der Laufzeit von 137 Minuten wird das mitunter etwas zäh.

Sehenswert ist Gelobt sei Gott aber ohne jeden Zweifel, sowohl als Aufarbeitung eines wichtigen Themas wie auch als ganz allgemeinen Beitrag rund um Missbrauch, Schmerz und Vergebung. Er hält dabei zudem die Balance zwischen eigenem Schmerz und einer anschließenden Heilung, bohrt erst einmal tief in der Wunde – allein schon die skandalösen Vertuschungen und Verharmlosungen lassen das Blut kochen –, nur um dann doch zu zeigen: Es geht auch anders. Dabei geht es nicht darum, Rache ausüben zu wollen oder einzelne Personen an den Pranger zu stellen. Vielmehr steht hier ein ganzes System im Fadenkreuz, ohne dass dadurch die Religion als solche angegriffen werden müsste. Stattdessen macht das Drama Mut, den eigenen Weg zu suchen, wohin er auch führt, und dabei Hilfe von anderen anzunehmen, so schwierig das auch sein mag.



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„Gelobt sei Gott“ befasst sich mit dem Missbrauchsskandal in der französischen Kirche, die jahrelang die Täter schützte und die Opfer ruhig stellen wollte. Das Drama erzählt dabei überraschend nüchtern und wählt zudem einen episodenhaften Aufbau. An manchen Stellen wird das etwas zäh, wenn die visuellen Ideen fehlen. Doch die unterschiedlichen Figuren und die Geschichte an sich sind stark genug, die Auseinandersetzung mit dem Verbrechen ist gleichermaßen schmerzhaft wie heilsam.
7
von 10