Sommer, Sonne, Strand – und ganz viel Spaß! Das erhoffen sich Mehmet (Jascha Baum), Hannah (Luissa Cara Hansen), Aaron (Bjarne Meisel), David (Benny Opoku-Arthur), Julia (Emma-Katharina Suthe) und Emma (Lilly Terzic), als sie die Ferien bei Tante Ellen (Palina Rojinski) verbringen. Dass die Insel ausgerechnet Jungferninsel heißt, ist zwar kein besonders gutes Omen, da die Jugendlichen auf ein paar heiße Begegnungen spekulieren, vor allem Aaron will es richtig krachen lassen. Aber das muss ja nichts bedeuten. Tatsächlich ist das alles aber deutlich komplizierter als gedacht. Hannah und Mehmet, die schon ewig ein Paar sind, bekommen sich in die Haare. David hat ein Auge auf den hübschen Surflehrer Noah (Richard Kreutz) geworfen, zum Ärger seiner bester Freundin Julia. Und Aaron bekommt zwar obszöne Anrufe, aber nichts auf die Reihe. Ein Glück, dass Ellen als Sextherapeutin da Rat weiß …
Früher einmal, das musste man sich irgendwie schmutzige Hefte besorgen oder heimlich ganz lange aufbleiben, um die verbotenen Filme zu sehen, wenn man ein bisschen nackte Haut zu Gesicht bekommen wollte. Das hat sich im Laufe der letzten Jahrzehnte grundlegend geändert, wir sind immer offener und freizügiger im Umgang mit Sex geworden. Manch einem ist das vielleicht schon zu offen, vor allem die jederzeit im Internet verfügbaren Pornos haben dazu beigetragen, dass das Thema etwas ganz Alltägliches geworden ist. Das ist einerseits sicher ein Fortschritt, hat aber neue Probleme mit sich gebracht, wenn völlig falsche Erwartungen geweckt werden, was genau Sex eigentlich ist und was das für die beteiligten Personen bedeutet.
Muss das sein?
Am deutlichsten macht Get Lucky – Sex verändert alles das an der Figur von Aaron, der Pornos in Dauerschleife sieht, an nichts anderes denken kann als an Sex, von einem kräftigen Masturbationstrieb einmal abgesehen jedoch über keinerlei Erfahrungen verfügt. Sprich: Er ist das Großmaul, der zu allem einen schlüpfrigen Spruch hat, dann aber überfordert ist, wenn es doch mal zur Sache geht. Sympathisch ist das nicht, was vor allem den Anfang des Films zur Tortur macht, wenn Aaron als eine Art Hauptfigur etabliert wird, auch durch die Voice-overs. Da reicht schon die komisch gemeinte, katastrophale Einleitungssequenz, damit man postwendend das Kino wieder verlassen möchte.
Diese beiden Probleme werden Get Lucky auch bis zum Ende verfolgen: peinliche Witze, die man eigentlich vor Jahrzehnten schon abgeschrieben hatte, und Figuren, mit denen man keine freie Minute verbringen möchte. Nicht einmal mit der Distanz zur Leinwand. Und das ist natürlich schwierig bei einem Film, der zum einen komisch sein will, zum anderen möchte, dass man sich für die jungen Menschen interessiert, die hier so ihre Probleme haben. Wobei es natürlich Abstufungen gibt. David zum Beispiel tut auffallend wenig dafür, einem auf die Nerven zu gehen. Vielleicht meinte das Drehbuchteam aber auch, dass ein schwarzer Schwuler auch so schon genug zu kämpfen hat, da muss man nicht zwangsläufig ein Arschloch draus machen. Und auch bei ein paar der Nebenfiguren, darunter Davids Schwarm Noah oder der eigentlich charismatische Eisverkäufer Mats (Moritz Jahn), gehen in Ordnung. Die sind allenfalls langweilig.
Setzt euch hin, wir müssen reden
Seine Daseinsberechtigung erhält der Film erst ab dem Moment, wenn er mehr als nur plumpe Unterhaltung sein will, sondern dem jungen Publikum ein bisschen was mit auf den weiteren Lebensweg geben möchte. Die Themenvielfalt ist da durchaus beachtlich. Ob nun Verhütung und Geschlechtskrankheiten, Menstruation, vorzeitiger Orgasmus, die Anatomie weiblicher Geschlechtsteile inklusive erogener Zonen, alles kommt irgendwann einmal vor. Selbst für einen Muschipups ist noch Platz. Man kann Ziska Riemann (Electric Girl), die hier Regie führte und auch das Drehbuch schrieb, sicherlich nicht vorwerfen, nichts zu sagen zu haben. Get Lucky – Sex verändert alles ist streckenweise weniger ein Spielfilm als vielmehr Edutainment, eine Art Doktor Sommer Team mit bewegten Bildern, die den jungen Zuschauern und Zuschauerinnen alles mal ganz genau erklären will, was die reinen Pornoschnipsel im Netz verschweigen.
Das ist als Ziel durchaus löblich, die anfänglich schlimmsten Erwartungen werden ein wenig entkräftigt. Zumal auch die Unverkrampftheit von Tante Ellen Sympathiepunkte bringt. Das Problem ist nur: gut gemeint ist eben nicht gut gemacht. Viele der Themen werden sehr unbeholfen irgendwie in die Geschichte geprügelt, statt einer spielerischen Demonstration gibt es nur plumpe Didaktik. Und auch die Erzählstruktur provoziert immer wieder Fragezeichen, wenn mal wieder abrupt von einer Szene zur nächsten gewechselt wird, das zeitliche Empfinden ignoriert, die Figuren irgendwie einfach etwas tun, ohne dass dies je glaubwürdig oder plausibel würde. Wenn es dann auch noch zu schrillen Auseinandersetzungen kommt, teils aus heiterem Himmel, dann fragt man sich schon, ob das drei Kopf starke Drehbuchteam bei allem Bekenntnis zur Aufklärung nicht oft die wesentlichen Punkte aus den Augen verliert. Das Ergebnis ist ein Film, den man zwar aus Prinzip gern mögen würde, der irgendwie wichtig ist, dabei aber an zu vielen Stellen nicht passt.
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