In sicheren Haenden
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In sicheren Händen

In sicheren Haenden
„In sicheren Händen“ // Deutschland-Start: 5. September 2019 (DVD)

Clara (Leïla Muse) fährt allein hochschwanger ins Krankenhaus. Die Wehen haben soeben eingesetzt und ihr Kind will auf die Welt kommen. Dass sie sich schon für eine Adoption entschieden hat, wird den Hebammen sogleich bewusst, als die junge Frau eine anonyme Geburt wünscht. Und so kommt der Kleine gleich nach der Geburt in staatliche Obhut. Alle Beteiligten suchen sofort fieberhaft nach einer Lösung und einer neuen Familie, in der der kleine Junge aufwachsen kann. Die Wahl fällt auf die alleinstehende Alice (Élodie Bouchez), die sich schon vor Jahren als Adoptivmutter vorgestellt und ins Register hat aufnehmen lassen, weil sie selbst keine leiblichen Kinder bekommen kann. Alice kann es gar nicht glauben, dass in ein paar Wochen ihr Wunsch in Erfüllung gehen soll …

In sicheren Händen setzt sich ziemlich detailliert mit dem Thema Adoption auseinander und erzählt dabei vornehmlich von den Schwierigkeiten, vor denen sowohl die Eltern, aber auch die Sozialarbeiter stehen. Regisseurin und Drehbuchautorin Jeanne Herry nähert sich in ihrem Drama um ein ungewolltes Kind dem Stoff allerdings auf relativ unkonventionellen Weg. Statt sich auf eine Hauptfigur zu konzentrieren, lässt sie verschiedene Handlungsstränge nebeneinander laufen, um sie für kurze Momente immer mal wieder miteinander zu verbinden und für den Zuschauer am Ende ein stimmiges Bild zu ergeben.

Eine Entscheidung mit weitreichenden Folgen
Das Ergebnis ist durchaus geglückt und ermöglicht mit den vielen Aspekten der einzelnen Figuren einen tieferen Einblick in die Herausforderung einer Adoption und den Beteiligten. Als erstes aber stellt uns die Filmemacherin Jean (Gilles Lellouche) vor, der im zunächst recht wenig in die Thematik zu passen scheint. Denn der stellt gleich zu Beginn klar, dass er für eine weitere Kindesbetreuung keine Kraft mehr aufbringen kann. Zu lange, zu aufreibend war die Arbeit all die Jahre bisher, der letzte Fall eines gewalttätigen Geschwisterpaares zehrt noch an ihm. Dass Jean dann später aber doch noch eine tragende Rolle im Leben des Neugeborenen Théo spielen wird, lässt einmal mehr die Tragweite erkennen, die die Entscheidung der Adoption mit sich bringt.

Distanzierter Blick aus Thema
Mit der Figur von Théos Mutter Clara, die sich für eine anonyme Geburt entscheidet, gelingt es der Regisseurin, das Thema und den Wunsch nach absoluter Anonymität passend und unvoreingenommen wiederzugeben. Tatsächlich erfährt man über Clara lediglich das, was sie ihrem Sohn später via Brief mitteilen möchte. Herry greift dies noch im Verlauf ihres Films auf, wenn das Baby Probleme hat, sich auf die vorübergehende Pflegefamilie einzulassen. Dass auch dem Neugeborenen Théo eine eigene Rolle zugeschrieben wird, ist zwar für das Gesamtbild des Films durchaus passend, wirkt aber an manchen Stellen dann doch zu gewollt und gegen Ende für einen kurzen Moment etwas unnatürlich, wenn das zwei Monate alte Kind prompt auf Aufforderungen der Erwachsenen reagiert.

Insgesamt gelingt In sicheren Händen ein guter Einblick in die Arbeit von allen Beteiligten, die so gut und schnell wie möglich versuchen, für das Kind eine passende Familie zu finden. Dabei bleibt der Film aber emotional einfach zu kühl. Selbst das bekannte Schauspielensemble mit Sandrine Kiberlain (Ausgeflogen), Gilles Lellouche (Ein Becken voller Männer) und Sylvette Herry (Abserviert – Strand, Spaß und Sonne!) kann aus den Situationen und ihren Charakteren nicht viel herausholen. Vieles ist einfach zu oberflächlich, als das es den Zuschauer emotional tatsächlich mitnehmen könnte. Schlussendlich hat In sicheren Händen oftmals einen zu dokumentarischen Charakter, als dass es als Drama funktionieren könnte.



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"In sicheren Händen" versucht sich fast zu detailliert an der Adoptionsgeschichte eines Neugeborenen und verliert dabei den Blick für das Emotionale. Zu dokumentarisch arbeitet der Film das Thema auf und lässt ein eigentlich gutes Schauspielensemble damit deutlich hinter den Möglichkeiten zurück. Als Drama letztendlich weniger geeignet, ist der Film aber dennoch informativ.
6
von 10