Die beiden Freunde Shin (Kento Yamazaki) und Hyou (Ryo Yoshizawa) eint ein gemeinsamer Traum: Sie wollen ihrem ländlichen Leben entkommen und zu den größten Generälen heranwachsen, die das Land je gesehen hat! Zumindest für Hyou scheint dieser Traum auch in Erfüllung zu gehen, als er an den Hof des Königs Eisei gerufen wird. Doch dann kommt alles anders. Der König wird von dessen Bruder Seikyou (Kanata Hongō) gestürzt, Hyou dabei getötet. Nun liegt es an Shin, den Tod zu rächen und den unrechtmäßigen König wieder vom Thron zu vertreiben. Doch dafür heißt es erst, ein paar Verbündete zu finden …
Wenn Filmemacher eines Landes die Geschichte eines anderen erzählen, dann kann das schnell nach hinten losgehen, umso mehr, wenn es um zwei Länder geht, die ein etwas heikles historisches Verhältnis haben wie China und Japan. Und es gibt noch einen Grund, weshalb man Kingdom gegenüber zunächst skeptisch sein könnte. Vorlage des Films ist eine 2006 gestartete Mangareihe von Yasuhisa Hara, die es bis heute auf 55 Bände bringt. Die sechs Jahre später produzierte Animeserie umfasste immerhin 77 Folgen. Wie sollte man einen derartigen inhaltlichen Koloss in nur einen Film packen? Ist das nicht von vornherein zum Scheitern verurteilt?
Eine Geschichtsstunde ohne strenge Vorgaben
Doch Regisseur Shinsuke Sato, der zuvor unter anderem I Am a Hero und Bleach inszeniert hat, zeigt erneut, dass er einer der verlässlichsten Filmemacher ist, wenn es um die Adaption von Mangas geht. Bei seiner Version des Stoffes konzentriert er sich auf den Anfang der Saga. Shin ist da noch ein Niemand, sein Traum von einer Karriere in der Armee des Königs ein ebenso ferner Traum wie die Bemühungen des Königs, das in viele Reiche zerfallene China zu einen. Aber beides kann ja noch werden, wenn nicht im Rahmen dieses Filmes, dann doch in einer der Fortsetzungen. Die wird es sicherlich auch geben, zumindest in Japan waren die Einspielergebnisse sehr gut. Ob sich der Erfolg in anderen Ländern, in denen der Manga nicht dieselbe Popularität genießt, wird sich zeigen. Spaß haben kann man hier aber auf jeden Fall.
Anders als etwa Shadow, das zeitgleich auf dem Fantasy Filmfest 2019 gezeigt wird und ebenfalls im alten China spielt, ist Kingdom durch und durch poppige Manga-Bespaßung. So kann Shin beispielsweise meterhoch in die Luft springen, Mitstreiterin Ka Ryou Ten (Kanna Hashimoto) läuft in einem kuriosen Vogelkostüm durch die Gegend. Auch sonst ist hier so einiges überdreht, nicht zuletzt aufgrund der Darsteller. Vor allem Kento Yamazaki neigt zum genüsslichen Overacting. Aber auch Kanata Hongō kostest gern mal jeden Muskel aus, der das Gesicht verziehen kann. Und dann wäre da auch noch das groteske Volk, dem Shin irgendwann über den Weg läuft.
Ein blödsinniger Spaß
Nein, mit ernsthafter Geschichtsdarstellung hat das alles nichts zu tun. Wer das braucht, sollte hier besser erst gar nicht vorbeischauen. Gleiches gilt für Zuschauer und Zuschauerinnen, die sich an Pathos stören. Der wird zwar nur selten szenenbestimmend, ganz ohne kommt Kingdom aber nicht aus. Der Film lässt es aber auch bei den Kämpfen schön krachen. Die japanische Produktion nimmt weder die filigrane Drahtseil-Akrobatik der chinesischen Kollegen auf, noch verlässt sie sich wie bei US-Actionfilmen allein auf den Computer. Stattdessen gibt es hier tatsächlich sehr wuchtige Kämpfe, bei denen jeder Schlag noch gespürt wird. Auch hier ist einiges over the top, von den überdimensionierten Waffen bis zu den schweren Wunden, die nur selten Auswirkungen zu haben scheinen. Doch die pure Energie, mit der die Figuren durch die Gegend laufen und ihre Schwerter und Lanzen herumwirbeln, machen die Szenen zu einem echten Fest fürs Auge.
Inhaltlich ist das Ganze natürlich weniger bemerkenswert. Die Figuren schwanken zwischen Klischees und Karikaturen, so manches ergibt auch überhaupt keinen Sinn oder verstrickt sich in Widersprüche. Und in Zeiten eines geopolitisch sehr aggressiv auftretenden Chinas eine Lanze für eine gewaltsame Vereinnahmung der Nachbarreiche zu brechen, ist ebenfalls äußerst fragwürdig. Da braucht es schon in mehrfacher Hinsicht Abstraktionsvermögen. Das vorausgesetzt, macht Kingdom aber durchaus Spaß und kommt trotz einer Laufzeit von über 130 Minuten ohne nennenswerte Längen aus. Das Tempo ist hoch, die Schauwerte sind groß – auch wenn es nicht ganz so opulent wie eben bei Shadow wird –, Freunde historischer Actionfilme aus Asien schauen auf jeden Fall mal rein.
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