Für Hank (Jeremy Gardner) geht gerade ein wenig die Welt unter. Dass ihn seine Freundin Abby (Brea Grant) nach all den Jahren so plötzlich verlässt, damit hätte er nie gerechnet. Schließlich waren sie doch immer so glücklich! Oder etwa nicht? Was ist da nur schief gelaufen? Richtig viel Zeit, um über all das nachzudenken, hat er jedoch nicht. Schließlich ist da noch dieses Monster, das seine volle Aufmerksamkeit erfordert. Richtig gesehen hat er es noch nicht, dafür schon oft gehört, wenn es vor dem Haus herumstreicht und Spuren seiner scharfen Krallen hinterlässt. Glauben will ihm jedoch niemand, nicht einmal Abby. Und so bleibt dem passionierten Jäger wohl nichts anderes übrig, als die Kreatur selbst auszuschalten …
Man muss nicht immer verstehen, warum es Monster gibt oder das Böse im allgemeinen. Man muss nur einen Weg finden, es wieder loszuwerden – so lautet das Prinzip vieler Horrorfilme. Und natürlich muss man jemanden finden, der dieser Aufgabe gewachsen ist. Die Anforderungen sind in dem Genre meist recht gering, meistens reicht es irgendwelche attraktiven Jugendlichen zu finden, die nur möglichst entsetzt in die Kamera schauen können. Wer die Figuren sind, das ist nebensächlich. Bei den designierten Opfern sowieso, aber auch die Hauptcharaktere glänzen in dem Bereich selten durch Tiefe, da sie eher als Platzhalter angesehen werden.
Die Menschen zwischen den Monstern
Dass Jeremy Gardner das anders sieht, das hat er vor einigen Jahren mit Ben & Mickey Vs. The Dead bewiesen. Denn auch wenn es in dem Film natürlich darum ging, dass sich zwei Freunde gegen Heerscharen von Zombies wehren müssen, wie auch der plakative deutsche Titel zeigte, so ging es dem Regisseur und Drehbuchautor damals deutlich mehr um das Verhältnis zwischen den beiden Protagonisten. Das ist bei After Midnight (auch bekannt als Something Else), dem neuesten Werk des Schauspielers und Teilzeit-Filmemachers ganz ähnlich. Wie schon bei den Untoten, so ist auch das Monster hier eher von der scheuen Art, kündigt sich zwar ständig an, überlässt die Bühne aber Hank und Abby.
Indem Gardner, der hier die Hauptrolle übernahm, das Drehbuch schrieb und gemeinsam mit Christian Stella Regie führte, die Bedrohung vage hält, sät er natürlich reichlich Zweifel. Nicht nur das Umfeld Hanks zweifelt an seiner Schilderung. Auch als Zuschauer ist man sich nie ganz sicher, ob seine Erfahrungen nun real sind oder doch die Auswirkungen seiner aus der Balance geratenen Psyche. Wenn einem der Boden unter den Füßen weggezogen wird, da darf man schließlich schon mal ein bisschen die Kontrolle verlieren. Zumal der jagdverrückte Hank auch selbst einen etwas unheimlichen Eindruck macht, wie er da durchs Haus streift, die Waffe fest in der Hand – ein Bild, bei dem man gar nicht so genau sagen kann, ob es nicht eine Karikatur des waffenvernarrten, paranoiden Amis ist. Zumal After Midnight auch in einer ländlichen Gegend spielt, wo ganz eigene Gesetze gelten.
Der eingesperrte Albtraum
Die eigentlichen Monsterszenen sind dabei ganz atmosphärisch geworden. Da sie ausschließlich in dem kleinen Haus stattfinden, kreieren Gardner und Stella eine recht klaustrophobische Stimmung, die auch manchmal leicht ins Surreale hineinreicht. Einer dauerhafte Spannung entsteht bei After Midnight hingegen nicht, da die aktuelle Bedrohung immer wieder durch Flashbacks unterbrochen wird, welche das Paar zu glücklicheren Zeiten zeigt. Das erinnert an Liebesdramen wie Die Einzelteile der Liebe oder Whatever Happens, wo ebenfalls in Rückblicken gezeigt wurde, wie eine Beziehung mit der Zeit immer mehr den Bach runtergeht. Nur dass dies hier eben im Rahmen eines Horrorfilms geschieht.
Ganz rund ist die Kombination aus beidem nicht. So rührend es ist, das glückliche Paar zusammen zu sehen, so wenig wird in die Entwicklung investiert. Es gibt hier lediglich die gute Vergangenheit und die kaputte Gegenwart, der Übergang wird nur durch Dialoge aufgefangen. Auch verpasst es der Beitrag vom Fantasy Filmfest 2019, die beiden Elemente in einer nennenswerten Weise miteinander zu verknüpfen. Sowohl das Beziehungsende wie auch die Belagerung sind natürlich bedrohliche Ausnahmesituationen. Richtig viel wird aber nicht aus dieser offensichtlichen Spiegelung gemacht. Trotzdem ist After Midnight einer der interessanteren Genrefilme der letzten Zeit, zumal sowohl Gardner wie auch seine Filmpartnerin Grant eine ganze Menge in ihre Rollen investieren. Dadurch fühlt man sich dem Paar auch selbst stärker verbunden, selbst wenn der Film unter seinen Möglichkeiten bleibt.
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