The Cloud Never Left

That Cloud Never Left

The Cloud Never Left
„That Cloud Never Left“ // Deutschland-Start: nicht angekündigt

An der Frage, was Kunst eigentlich genau ausmacht, sind schon viele gescheitert. Jemandem, der sich dieser verweigert, eine Sichtweise auf ein Gemälde oder eine Skulptur zu eröffnen, ist schier unmöglich, je nachdem, welchen Fokus man bei der eigenen Definition von Kunst legt. Eine der wohl interessantesten Herangehensweisen des Künstlers besteht meist darin, einen bekannten Gegenstand oder eine alltägliche Handlung in einem neuen, fremden Kontext zu zeigen, was eine neue Sicht auf diese ermöglicht. Man denke nur der berühmten Gemälde eines René Magritte, welche Alltagsgegenstände wie eine Pfeife zeigen und dann ganz frech behaupten, dies sei nicht der Gegenstand, den man darauf sehe.

Eine ähnliche Herangehensweise zeigt sich in den Arbeiten der indischen Künstlerin und Filmemacherin Yahashwini Raghunandan, die sich in ihrer Kunst besonders auf das Zusammenspiel von Ton und Bild konzentriert. In ihrem Projekt Between the Tin Sheets, welches sie mit Erik Mattel kreierte, erforscht Raghunandan die sich stetig verändernde Landschaft Bangalores und der Umgebung, wobei sie sich den teils tristen Landschaften immer wieder neue Bedeutungen abtrotzt, die Vergänglichkeit des von der Kamera aufgenommenen Momentes betont.

Zwischen Poesie und Spieltrieb
In That Cloud Never Left verschlägt es den Zuschauer nach Daspada, ein kleines Dorf circa 200 Kilometer entfernt von Kalkutta. Der hauptsächliche Lebensunterhalt der Dorfbewohner besteht neben Landwirtschaft aus der Herstellung von Spielzeug oder anderen Waren, die aus Ton, Plastik, alten Kabeln, Zuckerrohr und altem 35 mm Film hergestellt werden. Gerade dieses Filmmaterial, zumeist alte Bollywood-Schinken, werden immer wieder in das Narrativ des Filmes eingeschoben. Naturgemäß sind diese Teile des Filmes sehr angegriffen, verblichen oder eben eingefärbt worden, da sie für besagtes Spielzeug herhalten mussten.

Was sich zunächst nach einem eigenwilligen und von daher sperrigen Experimentalfilm anhört, verschlägt seinen Zuschauer immer wieder in seinen hypnotischen Bann. Die Aufzeichnung des Dorflebens vom Spielen der Kinder bis hin zur alltäglichen Ritualen oder eben der Spielzeugherstellung erhalten eine Bedeutung außerhalb des rein Dokumentarischen. Das Bollywood-Filmmaterial, gefärbt, verzerrt und teils stark beschädigt, wurde von den Dorfbewohnern zu etwas Neuem, Einzigartigen gemacht. Durch diese poetische Aneinanderreihung der Bildebenen ist der Zuschauer gefordert, oder vielmehr eingeladen, sich diesen Bildern zu öffnen, selbst eine Bedeutung für diese zu erschließen, sprich zu einem aktiven Teil von That Cloud Never Left zu werden.

Insgesamt wird die kontemplative, fast meditative Natur des Films noch unterstützt durch den Ton. Dieser blendet immer wieder von einer in die nächste Bildebene über, wirkt teils wie das bereits erwähnte Spiel der Kinder, welches sich immer wieder verändert, schwer fassbar aber unglaublich bezaubernd ist.



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„That Cloud Never Left“ ist eine Einladung an den Zuschauer zu einem Spiel. Der Wechsel vom Dokumentarischen zum poetischen Bilderstrudel erfindet sich stets neu, nicht forciert, sondern abhängig vom Willen des Zuschauers, sich diesem zu widmen.