Eigentlich wollte Richard (Richard Armitage) endlich wieder eine echte Familie haben. Und so beschließt er, gemeinsam mit seiner neuen Verlobten Grace (Riley Keough) und seinen Kindern Aidan (Jaeden Martell) und Mia (Lia McHugh) ganz gemütlich Weihnachten zu feiern, fernab vom Trubel des Alltags. Aber irgendwie will das alles nicht so klappen. Die beiden Kinder haben so gar kein Interesse daran, die Neue kennenzulernen, die sie für das Scheitern der Ehe ihrer Eltern verantwortlich machen. Und dann muss Richard auch noch für einige Tage in die Stadt, aus beruflichen Gründen. Eingeschneit in dem abgelegenen Haus hätten die drei die Gelegenheit, sich vielleicht am Ende etwas näherzukommen. Doch dann kommt alles anders …
Ein kleines Déjà-vu-Erlebnis darf man hier schon haben. Fünf Jahre ist es her, dass das österreichische Regie- und Drehbuchduo Veronika Franz und Severin Fiala seinen Film Ich seh, ich seh erstmals einem Publikum präsentierte. Die Geschichte um eine Frau, die nach einer Gesichtsoperation nicht mehr von ihren Kindern erkannt und deswegen in einem abgelegenen Familienhaus terrorisiert wird, machte die beiden weit über die Grenzen Österreichs bekannt. Und so folgt nun der nächste Streich, diesmal als internationale Produktion, mit sehr bekannten Elementen: Erneut ist es eine Frau, die sich mit zwei Kindern in einem abgelegenen Haus arrangieren muss, die ihr äußerst feindselig gegenüberstehen.
Das wird übel enden!
Dabei kreieren Franz und Fiala schon von den ersten Minuten an eine Stimmung der Bedrohung. Es ist nur ein kleiner Prolog, um die Figuren und ihre Situation einzuführen. Doch es reicht, um ganz üble Vorahnungen zu wecken. Als das Setting von dem etwas sterilen Stadthaus zu der aus Holz gefertigten Lodge wechselt, umso mehr. Ein abgelegenes Haus im tiefsten Winter? Da muss man nicht einmal den Vergleich zu Shining heranziehen, damit es einen dabei fröstelt. Von der Zivilisation abgeschnitten zu sein, das ist in Filmen ein Freischein für die unheimlichsten Dinge, manche eingebildet, andere dafür umso realer.
Umso überraschender ist, wie zurückhaltend The Lodge da agiert. Nachdem der Film mit einem Knall beginnt, beschränkt er sich lange darauf, die eigene Atmosphäre zu genießen. Die ist auch tatsächlich fantastisch. Das Setting des eingeschneiten Hauses wird nicht ohne Grund immer wieder gerne verwendet. Der griechische Kameramann Thimios Bakatakis (The Lobster – Eine unkonventionelle Liebesgeschichte, The Killing of a Sacred Deer) versteht es auch, diesen Ort immer wieder aus neuen Perspektiven zu zeigen und der Geschichte etwas Klaustrophobisches zu verleihen. Selbst wenn sie auf dem Präsentierteller stattfindet. Gemeinsam mit der düsteren Musik entsteht auch eine leicht surreale Stimmung, bei der offen bleibt, was wirklich ist und wie viel sich im Kopf abspielt.
Das Warten auf …
Weniger glücklich ist die wiederkehrende Verwendung von Puppenhäusern, die das Geschehen spiegeln, da auf diese Weise unnötig Vergleiche zu Hereditary – Das Vermächtnis provoziert werden. Gemeinsam ist den beiden Werken zudem der starke Fokus auf die Figuren. The Lodge ist Horror, ist aber auch Drama, wenn Menschen zusammengesperrt werden, die allesamt kaum verarbeitete Traumata mit sich herumschleppen. Aus diesem Grund ist es dann auch nicht weiter tragisch, wenn der Eröffnungsfilm des Fantasy Filmfests 2019 ein ausgesprochen ruhiger Genrevertreter ist. Statt billiger Jump Scares und aufdringlicher Ich-will-jetzt-spannend-sein-Musik gibt es hier ein konstantes Unwohlsein, ein undurchsichtiges Fremdsein auch.
Zumal die relativ sparsame Handlung zumindest teilweise durch das Ensemble wieder aufgefangen ist. Im Mittelpunkt steht natürlich Riley Keough (Under the Silver Lake) als überaus zuvorkommendes und zugleich etwas undurchsichtiges Nervenbündel. Aber auch die beiden Jungdarsteller Jaeden Martell (bzw. Jaeden Lieberher) und Lia McHugh tragen dazu bei, dass man dem Treiben gebannt zusieht, in freudiger Erwartung des großen Knalls. Dass der so lange auf sich warten lässt und die Hochphase recht kurz ausfällt, ist natürlich schon schade. Auch dass wie bei Ich seh, ich seh letztendlich die Überraschungen fehlen. Dennoch ist The Lodge ein in mehrfacher Hinsicht eisiger Trip in die Abgründe des Zwischenmenschlichen und deutlich gelungener als ein Gros des Hochglanz-Horrors, der dieses Jahr auf den Leinwänden zu sehen ist.
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